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7. November 2007, 00:36
Sereg Sereg ist offline
 
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Während Julian Barner auf den Ladebalken seines Films wartete und aus dem Fenster starrte, schlenderte Elisabeth durch den Qeenspark. Nun, schlendern war eigentlich das falsche Wort, vielmehr stampfte sie, denn sie war stinksauer. Als sie erfahren hatte, dass ihr neuer Auftrag sie nach London führen würde hatte sie bereits geahnt, dass es keine der üblichen Missionen werden würde. Nach dieser hässlichen Geschichte in Nord Korea war es nur allzu verständlich, dass man sie vorerst von der Bildfläche verschwinden lassen wollte. Umso mehr war sie erstaunt, dass sie nun mit dem britischen Militär zusammenarbeiten sollte um dieses im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu unterstützen da ihre “exzellente Ausbildung für dieses Spezialgebiet” und ihr “reichhaltiger Erfahrungsschatz” sie für diese Mission “absolut prädestinieren”. Nun, das mochte ja richtig sein, aber normalerweise wurden Aufträge mit einem solchen diplomatischen Gewicht an Leute vergeben die das nötige Feingefühl für diese Art von Missionen besaßen, deren Integrität über allen Zweifel erhaben war und bei denen man sich darauf verlassen konnte, dass sie das Prestige des eigenen Landes in keiner Weise zu gefährden drohten. Kurz gesagt: Wer ohne Warnungen oder Rücksichtnahme auf Irgendjemanden im Stadtzentrum von Pjöngjang ein Vierstöckiges Gebäude in die Luft jagte war eigentlich ganz und gar nicht prädestiniert für diese Aufgabe. Nichtsdestotrotz hatte Elisabeth Dreyer keine weiteren Fragen gestellt, die Papiere unterschrieben und ihre Sachen gepackt. Beim Militär stellte man für gewöhnlich keine unnötigen Fragen, und beim KSK schon gar nicht. Am Morgen vor ihrer Abreise wurde Elisabeth klar, dass sie es diesmal lieber doch hätte tun sollen. In einem Briefing kurz vor ihrem Aufbruch wurden ihr der genauere Inhalt ihres Auftrags erläutert. Elisabeth hatte einiges erwartet, doch was sie nun hörte gefiel ihr ganz und gar nicht. Innerhalb ihrer neuen Einheit würde sie an keinerlei Kampfeinsätzen teilnehmen. Das ging ihr zwar gegen den Strich, schließlich war sie für den Kampf ausgebildet worden, aber sie hatte es schon halb geahnt und konnte sich damit abfinden. Doch es kam noch schlimmer: Sie war nicht etwa der SAS oder SBS zugeteilt, auch nicht den Royal Marines, nein, ihre neue Einheit war eine stinknormale Infaneriedivision der British Army! Und damit nicht genug, ihre “Unterstützung eines unserer wichtigsten Verbündeten in Europa” bestand darin, dass sie in 2 Stunden pro Woche einen “Theoretischen Grundkurs zu Antiterror Einsätzen im Ausland für interessierte Soldaten in der Ausbildung auf freiwilliger Basis” anbieten und abhalten würde. Im Fokus ihrer Vorträge würden Themen wie “Weshalb sind Antiterroreinsätze in fremden Ländern notwendig”, “Welche Ziele werden mit solchen Einsätzen verfolgt” und “Welche Anforderungen werden an die Bewerber bei den verschiedenen Spezialeinheiten gestellt” stehen. Elisabeth hätte sich am liebsten geweigert den Auftrag anzunehmen! Den Lehrer für eine Bande Rekruten zu mimen war für eine Soldatin ihres Kalibers schlichtweg eine Demütigung, zumal sie stark bezweifelte, dass irgendjemand seine kostbare Freizeit opfern würde um sich ein paar Allgemeinplätze über die Gefährlichkeit von religiösem Fanatismus oder die Wichtigkeit von Geiselbefreiungen anzuhören. Doch leider war es für solche Einsichten nun zu Spät. Sie hatte bereits alle Dokumente unterzeichnet und dem Auftrag zugestimmt, alles weitere wäre blanke Befehlsverweigerung gewesen. Verdammt! Sie hätte sich wirklich die Mühe machen sollen zu lesen, was sie da unterschrieb! Als sie spät Nachts im Flieger nach London saß hatte sie ihre Wut über diese Demütigung von einem Einsatz einigermaßen überwunden. Quasi aus Rache hatte sie darauf bestanden, dass sie als Soldat im Einsatz, denn letztlich war es ja ein Einsatz, ihre Ausrüstung benötigte, und hatte alles mitgenommen was sie auch nur irgendwie rechtfertigen und tragen konnte. Es hatte einiges an Scherereien gemacht die Waffen und Ausrüstung in einen Flieger nach London zu schaffen, man konnte sich schließlich schlecht mit einer MP unterm Arm in ein Passagierflugzeug setzen, doch irgendwie hatte es geklappt. Elisabeth war sich zwar nicht ganz sicher ob sie die schwere Kiste wirklich alleine von der Stelle bewegen konnte, aber sie war höchst zufrieden mit sich selbst und ihrem gelungenen Racheakt.
In London angekommen war ihre gute Laune jedoch schnell geschwunden. Niemand war am Flughafen um sie abzuholen. Nach fast einer Stunde vergeblichen Wartens entschloss sie sich bei ihrer neuen Dienststelle anzurufen. Dort hatte man sie offensichtlich völlig vergessen. Es dauerte zwei weitere Stunden bis endlich Jemand kam um sie und ihr Gepäck abzuholen, doch dies war kein Lichtblick, denn der Fahrer des Wagens brachte ihr nicht nur ein herzliches “Willkommen in London“, sondern auch die Nachricht, dass aufgrund von Renovierungsarbeiten zur Zeit leider kein Platz mehr für sie in der Kaserne war und sie sich wohl oder übel fürs erste ein Hotelzimmer in London besorgen musste. Das sei weiter nicht so schlimm, die Anfahrtszeit betrage zwar zwei Stunden, natürlich nur ohne Stau, und sie müsse sich wohl auch einen Wagen mieten, aber schließlich hätte sie ja nur zwei mal Pro Woche in der Kaserne zu erscheinen. Alles halb so wild. Ach ja, Zimmer und Wagen musste sie natürlich selbst bezahlen, Verwaltungsvorschrift. Elisabeth kochte vor Zorn.
Zwei Wochen waren nun seit ihrer Ankunft in London vergangen, doch Elisabeths Wut war noch lange nicht verraucht. Sie hatte zwar ein günstiges kleines Hotel in der Londoner Innenstadt gefunden und einen klapprigen, aber billigen MINI gemietet, doch das machte die Situation auch nicht besser. Ihre Kurse zogen ungefähr so viele Zuhörer an wie sie es sich gedacht hatte, die ersten beiden male waren es noch sieben, dann fünf und in der letzten Stunde schließlich nur noch drei gewesen. Der Weg zur Kaserne war mal für mal eine Qual, denn in London war praktisch immer irgendwo auf dem Weg ein Stau, was die Anfahrtszeit meist um fast eine ganze Stunde verlängerte. Am schlimmsten war jedoch die Tatsache, dass sie, praktisch gesehen, nichts zu tun hatte. Abgesehen von Dienstag und Freitag wurde sie fürs Nichtstun bezahlt, und sie wusste beileibe nicht, was sie mit all dieser Zeit anfangen sollte. Sie war Soldat! Sie war ausgebildet für den Kampfeinsatz! Museen und Kirchen zu besuchen war zwar ganz nett aber auf Dauer nicht das Richtige für sie. Sie trieb zwar nach wie vor Sport, ging joggen und schwimmen und fuhr, sooft sie die nötigen Nerven dazu aufbrachte, zur Kaserne um dem Schießstand einen Besuch abzustatten, doch nichts desto trotz hatte sie das Gefühl mit jedem Tag mehr und mehr einzurosten.
Ein Regentropfen viel Auf Elisabeths Kopf. Sie blickte nach oben auf den von grauen Wolken verhangenen Himmel und runzelte die Stirn. Schon wieder Regen. Wütend schnaubend beschleunigte sie ihre Schritte. Regen machte ihr eigentlich nichts aus, aber in dieser Stadt schien es praktisch dauernd zu Regnen. Oder es war neblig. “Scheiß London,”, dachte sie, “von mir aus kann diese ganze verdammte Stadt zur Hölle fahren!”
Sie hatte den Satz gerade zu Ende gedacht, als sich etwas veränderte. Die Regentropfen begannen schneller und dichter zu fallen, doch das war es nicht. Es war.. Elisabeths Fingerspitzen begannen zu prickeln und sie blieb schlagartig stehen. Mit einem mal waren alle Gedanken an ihren unsinnigen Auftrag vergessen. Elisabeths Atem ging schneller und sie sah sich misstrauisch um. Da war etwas… der Park lag da wie eh und je, die Menschen klappten ihre Regenschirme auf oder beschleunigten ihre Schritte um dem aufkommenden Regen zu entkommen, und doch… Es lag etwas in der Luft. Elisabeth kannte dieses Gefühl, dieses Prickeln in den Fingern, ihren schneller werdenden Atem. Auf zahlreichen Missionen hatte ihr Körper einen Gefahreninstinkt entwickelt den sie sich nicht erklären konnte, dem zu vertrauen sie aber gelernt hatte. Ähnlich wie Hunde Erdbeben früher bemerken als Menschen, reagierte ihr Körper empfindlich auf plötzlich auftretende Bedrohungen von Außen. Ja, es lag eindeutig irgendetwas in der Luft. Sie verstand zwar noch nicht was, aber sie vertraute ihren Instinkten weit genug um auf der Stelle kehrt zu machen und den Heimweg anzutreten. Langsam, dann immer schneller setzte sie einen Fuß vor den anderen. Das Prickeln in ihren Fingerspitzen wurde stärker, ihre Gedanken begannen zu rasen. Sie war mitten in London in einem öffentlichen Park, eine friedliche Großstadt und kein Schlachtfeld. Woher kam diese Plötzliche Gefahr? Ein Terrorangriff? Ein Amoklauf? Ihre Nackenhaare stellten sich auf und das Gefühl drohender Gefahr wurde immer stärker. Sie begann schneller zu laufen. Was zum Teufel war hier los? Ihr Atem ging schneller und schneller. Ein flaues Gefühl breitete sich von ihrem Magen aus aus und lies ihre Glieder zittern. “Verdammt! Verdammt, verdammt, verdammt, es wird etwas passieren, etwas schreckliches!” Elisabeth hatte schon den halben Weg durch den Park zurückgelegt, als sie plötzlich ein Eisiger Schauer der Angst überlief wie sie ihn noch nie erlebt hatte, ihr Körper reagierte im selben Moment und ohne es bewusst zu wollen sprintete sie los so schnell sie nur konnte. Ihn ihrem Kopf war plötzlich nur noch Platz für einen einzigen Gedanken, das Hotelzimmer, die Waffen!
Sie hetzte durch den Regen, vorbei an Fußgängern und Radfahrern, einen alten Mann, der nicht rechtzeitig zur Seite sprang stieß sie einfach aus dem Weg. Sie hörte nicht die wütenden Ausrufe der Entrüstung, sah nicht die zornigen oder erstaunten Blicke der Menschen. Nach weniger als zwei Minuten ließ sie den Park hinter sich. Ohne einen Blick nach links oder rechts zu werfen stürmte sie über die Harvistroad und die Bahngleise. Schrilles Hupen gellte durch die Luft, irgendwo krachten zwei Autos ineinander, doch sie bemerkte nichts davon. Einer Plötzlichen Eingebung folgend wandte sie sich nach links und folgte den Bahngleisen Richtung Queenspark-Undergroundstation. Kurz darauf erreichte sie die Salesbury Road, sie wandte sich abrupt nach rechts, stieß einige Passanten unsanft beiseite und rannte weiter. Die U-Bahnstation war jetzt zum greifen nahe, nur noch ein paar Meter. Fast schon verzweifelt beschleunigte sie ihren Schritt noch mehr. Ihre Lunge brannte, ihre Waden begannen zu schmerzen, Tränen traten ihr in die Augen als ihr Körper das Letzte gab was er an Geschwindigkeit aufzubieten hatte. Noch 20 Meter. Noch 10. Sie stieß einen Mann in Anzug der ihr den Weg versperrte so heftig mit dem Ellenbogen beiseite, dass dieser Rückwärts durch die Luft Flog. Noch Fünf Meter. Vor ihr führten die Stufen der U-Bahn Station in die Tiefe. Plötzlich schrillten in ihrem Kopf alle Alarmglocken zugleich. Sie erreichte die Treppe, ihr vorderer Fuß trat ins Leere, es gelang ihr noch sich mit dem hinteren Fuß Abzustoßen, dann segelte sie für einige Sekunden fast schwerelos durch die Luft. Der Aufprall kam schnell und schmerzhaft. Einen Absatz weiter unten schlug sie heftig auf die Treppe, die Luft wurde aus ihren Lungen gepresste, Ihre Rippen krachten und sie überschlug sich mehrmals als sie den nächsten Absatz hinunter Rollte. Ihr Kopf schlug irgendwo hart an, eine Kannte riss ihr linkes Schienbein auf. Sie schlitterte noch einige Stufen weiter, die Kanten schürften ihre Unterarme auf, dann kam sie zusammengekrümmt am Fuß der Treppe zum liegen. Ihre Kopf dröhnte, ihr ganzer Körper schmerzte. In diesem Moment ertönte ein lauter donnernder Knall, der ihren Schädel vibrieren ließ und ungeahnte Schmerzen durch ihren Kopf jagte.
Was auch immer sich da angebahnt, und sie so in Angst und Schrecken versetzt hatte, jetzt war es geschehen.
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" Er sah ein Licht am Ende des Tunnels. Es stammte von einem Flammenwerfer."