Thema: Ausgegraben
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18. June 2011, 22:13
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Friedrich von Schiller

Wer glaubt das Friedrisch Schiller nicht HgL gespielt hat wir hier eines Besseren belehrt.

Der Taucher

„Wer wagt es, ob Scharfschütze oder Beschwörer,
Zu gehen in des Molochs Schlund?
Einen goldnen Retrainer werf ich hinab,
verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund.
Wer mir den Retrainer kann wieder zeigen,
Er mag ihn behalten, er ist sein eigen.“

Der Sydanai spricht es und wirft von der Höh
Der Dungeon, der schroff und steil
Hinaushängt in der unendliche Necrosenze,
Den Retrainer in des Molochs Schlund.
„Wer ist der Beherzte, ich frage wieder,
Zu treten in diese Tiefe nieder?“

Und die Kampfmagier, die Schwertmeister um ihn her
Vernehmens und schweigen stum,
Sehen hinab in die weitern der Necrosenze,
Und keiner den Retrainer gewinnen will.
Und Sydanai zum drittenmal wieder fraget:
„Ist keiner, der sich hinunter waget?“

Doch alles noch stumm bleibt wie zuvor,
Und ein Hüter, sanft und keck,
Tritt aus der Herscharr zagendem Chor,
Und den Gürtel wirft er, den Mantel weg,
Und alle die Pächert des Wahnsinns umher,
auf den herrlichen Hüter verwundert schauen.

Und wie er tritt an des Stonehengs Hang
Und blickt zu den Moloch hinab,
Die Dunkelheit, die ihn hinunterschlang,
Die der Moloch jetzt brüllend wiedergab,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzen der schäumend vor Wut der finstern Schoße.

Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet ein Höllenfeuer mit dampfende Gischt,
Und Feuerball auf Feuerball sich ohne Ende drängt,
Und will sich nimmer erschöpfen und leeren,
Als wollte er ein Meer aus Flamen gebären.

Doch endlich, da legt sich die wilde Gewalt,
Und rot aus dem Blutigem Schaum
Klafft hinunter ein gähnender Spalt,
Grundlos' als gings in den Höllenraum,
Und zreißend sieht man seine brandenden Wogen
Er hat schnell 4 Heiler geboren.

Jetzt schnell, eh der sich wieder heilt,
Der Jüngling sich Gott befiehlt,
Und – ein Schrei des Entsetzens wird rings gehört,
Und schon hat er die Heiler hinweggespült,
Und geheimnisvoll über dem kühnen Schwimmer
Schließt sich der Rachen, er zeigt sich nimmer.

Und stille wirds über des Molochs schlund,
In der Tiefe nur brauset es hohl,
Und bebend hört man von Mund zu Mund:
„Hochherziger Hüter, fahre wohl!“
Und hohler und hohler hört mans heulen,
Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen.

Und wärfst du Sydanai selber hinein
Und sprächst: wer mir bringt die Körper,
Er soll von nun an Sydanai sein -
Mich gelüstete nicht nach dem teuren Lohn.
Was die heulende Tiefe da unten verhehle,
Das erzählt keine lebende glückliche Seele.

Wohl mancher Päacher des Wahnsinns, vom Strudel gefaßt,
Schoß gäh in die Tiefe hinab,
Doch zerschmettert vom Moloch ganz ohne Hast
Hervor aus dem alles verschlingenden Grab. –
Und heller und heller, wie Sturmes Sausen,
Hört mans näher und immer näher brausen.

Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Well auf Well sich ohn Ende drängt,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzt es brüllend dem finstern Schoße.

Und sieh! aus de Blutigen fluten
Da hebet sichs schwanenweiß,
Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß,
Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß,
Und er ists, und hoch in seiner Linken
Schwingt er den Retrainer mit freudigem Winken.

Und atmete lang und atmete tief
Und begrüßte das himmlische Licht.
Mit Frohlocken es einer dem andern rief:
„Er lebt! Er ist da! Er behielt ihn nicht!
Aus dem Grab, aus des Molochs Höhle
Hat der Brave gerettet die lebende Seele.“

Und er kommt, es umringt ihn die jubelnde Schar,
Zu des Sydanai Füßen er sinkt,
Den Retrainer reicht er ihm kniend dar,
Und der Sydanai der lieblichen Deesi winkt,
Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande,
Und der Hüter sich also zu Sydanai wandte:

„Lang lebe der Sydanai! Es freue sich,
Wer da atmet im rosigten Licht!
Da unten aber ists fürchterlich,
Und der Mensch versuche die Götter nicht
Und begehre nimmer und nimmer zu schauen,
Was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen.

Er riß mich hinunter blitzesschnell –
Da stürzt' mir aus felsigtem Schacht
Wildflutend entgegen ein reißender Feuerball:
Mich packte des Höllenfeuers wütende Macht,
Und wie einen Kreisel mit schwindelndem Drehen
Trieb michs um, ich konnte nicht widerstehen.

Da zeigte mir Gott, zu dem ich rief
In der höchsten schrecklichen Not,
Aus der Tiefe ein Schwertangriff;
Das benutzte ich behend und entrann dem Tod –
Und da hing auch der Retrainer an seinen Krallen,
In seinem Munde wär er sonst ins Bodenlose gefallen.

Denn unter mir lags noch, bergetief:
In purpurner Finsternis da,
Und obs hier dem Ohre gleich ewig schlief:
Das Auge mit Schaudern hinuntersah,
Wie's von Salamandern und Molchen und Drachen
Sich regt' in dem furchtbaren Höllenrachen.

Und da hing ich und wars mir mit Grausen bewußt
Von der menschlichen Hilfe so weit,
Unter Larven die einzige fühlende Brust,
Allein in der gräßlichen Einsamkeit,
Tief unter dem Schall der menschlichen Rede
Bei den Ungeheuern der traurigen Öde.

Und schaudernd dacht ich, da krochs heran,
Regte hundert Gelenke zugleich,
Will schnappen nach mir -in des Schreckens Wahn

Der Sydanai darob sich verwundert schier
Und spricht: „Der Retrainer ist dein,
Und dieses Kitt noch bestimm ich dir,
Geschmückt mit dem köstlichsten Attribut,
Versuchst du's noch einmal und bringst mir Kunde,
Was du sahst in des Molochs tiefunterstem Grunde.“

Drauf der Sydanai greift nach dem Retrainer schnell,
In den Slund ihn schleudert hinein:
„Und schaffst du den Retrainer mir wieder zur Stell,
So sollst du der trefflichste Hüter mir sein

Da ergreifts ihm die Seele mit Himmelsgewalt,
Und es blitzt aus den Augen ihm kühn,
Da treibts ihn, den köstlichen Preis zu erwerben,
Und stürzt hinunter auf Leben und Sterben.

Wohl hört man des Molochs, wildes Geschrei,
So verkündigt der donnernde Schall -
Da bücken sich die Pächter des Wahnsinns hinunter mit leeren Blick:
Es kommen, es kommen die Dämonen all,
Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder,
Den Hüter bringt kein Retrainer wieder.
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