Kapitel 3 – Der Weg des Jägers
Phillisae ergriff das Wort relativ schnell. Die Entscheidung fiel eigentlich schon, als sie den Schuppen betreten hatte. „Ich entscheide mich für das Jägertum. Das empfinde ich als die direktere, tödlichere und vor allem sicherste Methode.“ Mr Cloud schien das zu gefallen, seine Mundwinkel verzogen sich zu einem freundlichen Lächeln. „Also habe ich dich richtig eingeschätzt, sehr schön.“
Mr Cloud führte Phillisae weiter entlang in den Gängen der Gilde. Es war ein riesengroßes Konstrukt aus langen Gängen, großen Hallen und sehr viel Technik. Phillisae konnte all das gar nicht begreifen und wäre wohl auch nie von allein aus diesen Hallen raus gekommen. Als ihr das auffiel, fragte sie Mc Cloud, wie es dann jetzt mit ihrer Wohnung aussähe. „Nun ja, Phillisae. Ich möchte ihnen nur ungern zu nahe treten und sie zu etwas zwingen,“ sprach er mit einem Zwinkern und einem sarkastischen Lächeln, „aber sie werden wohl ab Sofort wie alle Jäger hier wohnen müssen. Zum einen ist es sicherer und zum Anderen gibt es noch eine kleine Sache.“
Er erklärte ihr lang und mühselig, was passiert, sollte einmal Alarm schellen. Es gab in der Vergangenheit ein paar Angriffe auf den Schuppen der Jäger und damit die Eindringlinge nicht sofort Erfolg haben würden, konnte jederzeit jeder Mann den „Notruf“ betätigen. Einmal auf einen roten Knopf gedrückt, der nahezu in jedem Raum der großen Jägergemeinschaft zu finden ist, ertönt im ganzen Komplex ein Mark durchdringender Vogel-Piepton, der eigentlich jeden Mensch schnell wahnsinnig werden lässt. Da aber die Jäger sich zum einen inzwischen an diesen Piepton gewöhnt haben und sowieso eine gesunde Portion Wahnsinn an den Tag legen, macht denen das weniger was aus als den Angreifern.
„Ja Ok, das verstehe ich.“ Antwortete Phillisae knapp und wünschte ich im geheimen, dass ihre Unterkunft ein wenig besser ausgestattet werden würde, als damals beim Widerstand. Noch einmal nur eine Pritsche und das notdürftigste zu haben, danach stand ihr nicht der Sinn. „Wie wäre es, wenn ich ihnen erst einmal ihre Unterkunft zeige? Ich denke mal, sie sind gespannt drauf.“ zeigte sich Mr Cloud sowohl freundschaftlich als auch mit einer gewissen Portion Gedankenleserei. „Nun ja, warum nicht. Oh mein Gott, ich werde mich hier kaum zu Recht finden.“ sprach Phillisae ihre Gedanken aus und wünschte sich im gleichen Augenblick, sie würde im Boden versinken. Neu zu sein und gleich zu jammern, das stand ihr einfach nicht.
„Nur keine Angst. Mit so etwas rechnete ich schon, als ich damals mit ein paar Leuten diesen Bunker hier aus hob. Wir haben mittlerweile hoch entwickelte Navigationsgeräte, damit sich Neulinge wie du, hier schnell zu Recht finden.“ Phillisae war beruhigt, dass er keinen Kommentar abgegeben hatte, der sie weniger stark erscheinen lassen würde. Sie gingen weiter die Gänge lang. Mit stetig zunehmender Tiefe nahmen sie einen metallischen Ton an und wurden leerer und kühler. Im 13 Stockwerk unter der Erde angekommen – alles stolz gelaufen um alles kennen zu lernen – kamen sie zu den Quartieren. Schon nach zwei Gängen kamen sie zu Phillisaes Unterkunft. „So, das hier ist ihre Unterkunft.“ stellte Mr Cloud das ganze sehr unpersönlich vor. „Gucken sie sich ruhig um, es wird ihnen gefallen, denke ich.“
Phillisae betrat ihre Unterkunft und strich sofort das Wort aus ihrem Wortschatz. Das war keine Unterkunft, das war ein Reich! Es war groß, viel größer als man es sich von außen gedacht hätte. Und es war warm, kuschelig und schön kitschig eingerichtet. Zwar hatte sie damals bei dem Widerstand gedient, aber nichts desto trotz war sie ein wenig kitschig veranlagt. Ihr gefiel der Stil des Apartments. Die Wände waren in einem hellen Ton gehalten, von Gelb über Rot bis hin zu Weiß, waren hier viele freundliche und helle Töne vertreten. Dazu weicher Teppich, der sich offenbar selber reinigte, denn es war kein Staubkorn zu sehen. Ihr gefiel alles auf Anhieb.
Sie sah sich noch eine Weile um und merkte gar nicht, wie die Zeit verstrich. Aus einer knappen Viertel Stunde wurden zwei Stunden, dann drei und sie hatte immer noch nicht alles gesehen. Es war riesig, führte sogar zwei Stockwerke hinab und beherbergte alles, was das Herz begehrt. Essen, Trinken, Unterhaltungsmedien, Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften, Internetzugang ohne Beschränkung, einfach alles. Man lebte hier praktisch wie ein König. Aber sie wusste auch, zu welchem Preis. Es war ein gekauftes Gefängnis. Einmal in den Hallen der aufgehenden Sonne, würde sie für ewig in ihnen bleiben. Oder sterben.
Auf einmal fragte sie sich, wie sie nun Kontakt mit Mr Cloud aufnehmen könnte. Denn in der Zwischenzeit würde er bestimmt gegangen sein. Ein Blick durch die Tür nach „draußen“ bestätigte dies. Da hörte sie ein Piepsen vom Laptop aus. Ah, so würde er den Kontakt wieder aufnehmen. Mittels Messenger unterhielt man sich knapp. Er wünschte ihr erst ein Mal eine gute Nacht mit dem Hinweis, dass auf ihrem Laptop alles wichtige zu den Jägern der aufgehenden Sonne stehen würde. Infomaterial, natürlich ein wenig persönlicher geschrieben als übliche Broschüren, Videomaterial und so weiter und sofort. Im Abschluss sagte er ihr, ein Navi würde im Bad liegen. So könnte sie am nächsten Morgen zum Frühstück erscheinen. Sie würde schon wissen, wann es los ginge.
Phillisae war erst einmal nur eines: Perplex ob der Fülle an Informationen. Es war einfach zu viel innerhalb zu kurzer Zeit. Sie entschied sich für einen ausklingenden Abend – sofern man so weit unterhalb der Erdoberfläche noch von Tag, Nacht, Abend und Morgen sprechen kann. Ein schönes Schaumbad in der großen Wanne, ein wenig Entspannung später und dann den ganzen Tag mit einem erholsamen Schlaf ausklingen lassen....
Am nächsten Morgen klingelte das Navi lautstark, aber dennoch auf einer Frequenz, auf der es nicht als störend empfunden wird. Phillisae wachte auf und kam sich erst mal wie in einem Traum vor. Sie konnte noch gar nicht fassen, dass sie jetzt wirklich das alles erlebt hatte. Sie kleidete sich an und ging zum Frühstück, immer dem Navi folgend...