Bezüglich dem "negativ sehen":
Nun, ich sehe es einfach so, dass ich mich immer weniger mit der durchschnittlichen Zielgruppe der Spiele identifizieren kann. Die bevorzugte Zielgruppe der Entwickler verändert sich drastisch, und imho immer weiter weg von der Zielgruppe zu der ich mich zugehörig fühle.
Ich hatte gestern Abend da erst ein sehr unterhaltsames Gespräch mit einem alten Kumpel, der sehr nett in Worte fasste, das seine Liebe zur Diablo-Serie hauptsächlich auf der Atmosphäre beruht, welche der erste Teil verbreitete. Da wurde wieder dieser eine Backgroundsong erwähnt, welcher in diesen Höhlensystemen nach der Kathedrale immer erklang: Der mit diesen schaurigen Seufzern von denen man nicht genau sagen kann, ob sie nun schmerzhaft oder lustvoll klingen...
Diablo 1 hatte einfach einen Hang zum Horrorgenre, den wir beide offensichtlich bereits in D2 schmerzlich vermisst haben.
Ich habe mich da vor kurzem erst über die verschiedenen Subgenres der Fantasy schlau gemacht, und folgendes herausgefunden:
Das was die meisten Leute meinen, wenn sie von Fantasy sprechen, ist eigentlich eher junge Subgenre der High-Fantasy. Der Herr der Ringe ist typische High-Fantasy, und eigentlich ist alles was Elfen, Zwerge, Magier, erfundene Sprachen, Kampf Gut gegen Böse enthält ziemlich typische High Fantasy. Das ist der Fantasy-Mainstream.
Dann gibt es da noch "Sword and Sorcery". Das ist eines der ältesten Subgenres der Fantasy, und geht zurück bis zu irgendwelchen alten nordischen Sagen. Hier gibt es vergleichsweise viel weniger Magie, und die ist unerklärbarer, unddurchschaubarer, mystischer... Das Setting ist generell meist düsterer, pessimistischer... Man könnte sagen, High-Fantasy zeichnet eine utopische Welt, während Sword and Sorcery entweder eher realistische Verhältnisse, oder sogar eine Dystopie darstellt. Hier gibt es meist kein Gut und Böse, sondern moralische Doppeldeutigkeit ist vorherrschend. Auch die Handlung unterscheidet sich ganz deutlich: S&S beschreibt hier mit Vorliebe Geschichten die auf persönlichen Zielen der Hauptfiguren beruhen. High Fantasy hingegen bevorzugt typische "Die Welt retten" Plots.
Dieses Genre ist nicht so bekannt und weit verbreitet wie die High-Fantasy, aber es ist massentauglich. Robert E. Howards Romanreihe "Conan der Barbar" ist für dieses Genre sehr
prägend gewesen.
Und dann gibt es noch eine ganze Reihe von anderen Subgenres, die alle sehr schwer zu definieren und abzugrenzen sind, weil sie keinem so einheitlichen Strickmuster folgen, und generell nur sehr wenige und oft sehr unbekannte Vertreter besitzen. Hier will ich noch folgende zwei Begriffe erwähnen: Low Fantasy und Dark Fantasy.
Low Fantasy ist eigentlich gar kein eigenes Genre, sondern einfach nur ein Begriff der den man auf Werke aus verschiedenen Subgenres anwenden kann, um klar auszudrücken: Das hier ist völlig anders als die typische High Fantasy. Was genau anders ist, kann ganz unterschiedlich sein.
Das Runterspielen dramatischer Effekte, abgeschwächte oder gar keine Magie, Settings in der realen Welt, Realismus ganz allgemein, zynische Geschichtenerzählung oder Dark-Fantasy-Konzepte sind alles Elemente die auf Low Fantasy hinweisen können. Man sieht schon, hier besteht eine enge Verwandtschaft zur Dark Fantasy.
Das Genre der Dark Fantasy selbst ist genzeichnet durch eine Vermischung von Elementen aus dem Horror und der Fantasy. Es unterteilt sich nochmals in zwei Subgenres, die keine eigenen Namen haben. Darum nenne ich sie mal Typ A und Typ B.
Typ A: Das sind im Prinzip Horrorsettings, in denen die Quelle des Horrors übernatürliche Ursachen hat. Hier fallen fast alle Vampirgeschichten rein, Lovecrafts Cthulhu Werke, und sogar Romane von Stephen King.
Typ B: Fantasygeschichten die sich viele Themen und Ideen aus dem Horror ausborgen, aber in einer Fantasywelt spielen. Das aussehen und die Darstellung der Welt weißt hier oft große Ähnlichkeiten zu Sword & Sorcery Settings auf.
Die Welt, das Setting in dem Diablo 1 spielt, ist ziemlich eindeutig als Dark Fantasy Typ B zu identifizieren. Der Held zieht aus irgendwelchen unbekannten persönlichen Gründen, oder einfach nur wegen der Schätze und des Goldes immer tiefer in die Katakomben hinab, und besiegt schließlich Diablo selbst. Die Handlung bezieht sich nur auf Tristram, der König ist zwar noch verwickelt, es gibt ein paar Intrigen und Machtspiele, aber der Rest der Welt bleibt eigentlich im Dunklen. Es gibt keine Rassen, nur Menschen, und die Welt scheint viel mehr mittelalterlich als fantastisch. Das wirklich einzige was sich Diablo 1 aus der High Fantasy ausborgt, sind Magier mit ihren Zaubersprüchen. Das hat aber spieltechnische Ursachen, und die Story selbst ignoriert die Existenz von Magiern eigentlich ziemlich.
Diablo 2 beginnt hier bereits einen sehr, sehr großen Schritt in Richtung der High Fantasy zu machen. Plötzlich ist die Sache ein Kampf "Das Gute gegen Böse", plötzlich geht es darum "die Welt zu retten", und plötzlich gibt es unter den Monstern auch alle nur erdenklichen Wesen, die man als andere Rassen betrachten kann, und die nicht mehr ausschließlich von Horror-Monstern inspiriert sind. Und es gibt einen alten Magierorden, usw. usf.
Diablo 2 ist eindeutig keine Dark Fantasy mehr. Man wechselt zu großen Teilen in das viel Breitenwirksamere High Fantasy Genre über. Diablo 3 wird nun offensichtlich diesen Übergang vervollständigen und Dark Fantasy Wurzeln von Diablo endgültig völlig leugnen.
Während hingegen alles was so an neuen Spielen rauskommt, sowieso von Haus aus völlig auf High Fantasy getrimmt ist, mit Elfen, Zwergen, Gut-Böse Dualität und allem was dazugehört.
Ich verstehe ja, dass High Fantasy einfach am besten ankommt. Und darum ist es ja auch völlig logisch, dass es sehr sehr viel High Fantasy gibt, und kein Publisher Geld in etwas anderes investieren würde. Aber ein wirklich erfolgreiches Dark Fantasy Setting auf High Fantasy zu zwangskonvertieren, um sich dem größeren Markt anzupassen, das finde ich sehr schade. Ist es wirklich so schlimm, ein bischen Abwechslung zu haben?