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6. November 2007, 14:02
Sereg Sereg ist offline
 
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Julian seufzte und starrte frustriert auf den Ladebalken auf seinem Bildschirm der sich nur dann Vorwärts zu bewegen schien wenn er gerade nicht hinsah. Bei näherer Betrachtung war er sich nicht einmal mehr völlig sicher ob das verdammte Ding überhaupt irgendwelche Fortschritte machte. Er schnaubte empört und wandte den Blick von seinem Monitor um zur Abwechslung mal aus dem Fenster zu starren. Die Häuserfront gegenüber und der Himmel ergänzten sich in ihrem grauen, tristen Erscheinungsbild zu einer nahezu perfekten Manifestation der Langeweile. Bald würde es Regnen, die Leute würden mit gesenkten Köpfen durch die Nässe hetzen und es würde dort draußen noch grauer werden, doch dass brauchte Julian nicht zu kümmern. Dort draußen war es auch Montag und Jedermann war herzlich unglücklich darüber wieder seiner Arbeit nach- oder in- die Schule -gehen zu müssen.
Doch auch das war Julian herzlich gleichgültig. Vom Alltag Londons und dem, was man im allgemeinen “Leben” nennt, bekam er seit Wochen kaum etwas mit, denn er hatte Semesterferien. Nicht dass er als Student in den Semesterferien nichts zu tun gehabt hätte, ganz und gar nicht, er hatte einen wahren Berg an Arbeiten zu erledigen, nein, er hatte schlichtweg überhaupt keine Lust etwas zu tun! Zu Beginn der Ferien wollte er nur eine kleine Pause einlegen, aber mittlerweile konnte er sich nicht einmal mehr dazu überwinden seine Freunde anzurufen um auszugehen. Julian konnte sich diese plötzliche Letargie, die nun schon seit fast einem Monat andauerte nicht erklären. Normalerweise war er ein recht kontaktfreudiger Mensch, und es passte so gar nicht zu ihm sich still in seinem Zimmer zu verkriechen. Das seltsamste an der ganzen Situation war aber die Tatsache, dass er trotz seiner anhaltenden Unlust irgend etwas zu unternehmen eine seltsame Rastlosigkeit in sich spürte, die er vorher nicht gekannt hatte. Einerseits drängte etwas in ihm darauf irgend etwas zu tun, andererseits wurde ihm jegliche Art der Beschäftigung bereits nach kürzester Zeit zu Langweilig, ja geradezu zuwider. So saß Julian Barner also an diesem grauen Montagmorgen, wie an jedem Tag der vergangenen drei Wochen, in seinem kleinen Ein-Zimmer-Appartment vor dem PC und starrte mit wachsender Ungeduld auf den Ladebalken der Spielfilmdatei, die er sich gerade aus dem Netz zog, um auf diese Weise den Tag möglichst angenehm hinter sich zu bringen.

Julian kam gerade von seinem Balkon zurück in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich, rauchen war in der Mietwohnung des Studentenheims nicht gestatte. In den wenigen Minuten seiner Abwesenheit hatte der Downloadbalken irgendwie die 75% Marke überschritten und die Pizza in seinem Ofen hatte begonnen ziemlich angebrannt zu riechen. Da geschah es plötzlich. Ein lauter Knall, wie von einer Explosion , ließ die Scheibe der eben geschlossenen Balkontür und die Fenster erbeben. Es klang als wäre im Nachbarhaus eine Gasleitung explodiert. Julian fuhr herum und starrte aus dem Fenster um nachzusehen was los war, doch die Häusergassen der Nachbarschaft lagen ruhig und nahezu verlassen vor ihm wie immer. Er begann schon daran zu zweifeln, ob er das Geräusch wirklich gehört hatte, oder ob es nur seiner Einbildung entsprungen war, als er am Horizont eine dunkle Rauchwolke erblickte. Zur gleichen Zeit stieg ihm ein seltsamer Geruch in die Nase, der durch die Fensterdichtungen in sein Zimmer zu sickern schien. Es roch nach… nun... er konnte nicht genau sagen nach WAS es roch, aber es erinnerte ihn an die Chemiestunden an seiner alten Schule und seinen Lehrer Mr. Morrison, der schon ziemlich alt gewesen war, und bei dem praktisch jedes Experiment mit Gestank oder einem Knall zu Enden pflegte. Julian schüttelte den Kopf und wandte sich wieder der Rauchwolke am Horizont zu.
Er runzelte die Stirn. Irgendetwas war seltsam an dieser Rauchwolke. Sie schien nach oben zu steigen wie ganz normaler Rauch, aber… es sah nicht aus wie Rauch, und sie verlor sich auch nicht in der Atmosphäre wie Rauch es gewöhnlich zu tun pflegte. Vielmehr wirkte die Wolke wie eine.. nun... wie eine Wolke. Eine waschechte, dicke Gewitterwolke, die sich mehr und mehr ausbreitete und nach und nach ein immer größeres Stück des Himmels zu verdecken schien! Und außerdem war sie für eine Wolke ziemlich grün.
Julian schüttelte energisch den Kopf, setzte sich wieder vor seinen Computer und versuchte seine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Das aussehen der Wolke hatte er sich höchstwahrscheinlich nur eingebildet, oder es lag an der weiten Entfernung zur Innenstadt, wo die Explosion, oder was immer es auch war, wohl ihren Ursprung hatte, auf alle Fälle war mit Sicherheit das viele Viedeosehen schuld an dieser unerwarteten Halluzination. Und Dennoch.. Irgendetwas war mit dieser Wolke.. Etwas, dass ihn anging… die rastlose, unersättliche Präsenz in seinem Selbst war wie aufgerüttelt. Sie zuckte unruhig hin und her, drängend, erwartend, trieb ihn mit fast unerträglicher Intensität dazu etwas zu tun… etwas.. wenn er doch nur gewusst hätte was! Und dann dieser Geruch… dieser seltsam vertraute Geruch… war es… war es Schwefel? Nein, Schwefel roch anders, da war er sich sicher, es konnte kein Schwefel sein. Es roch viel mehr nach Feuer… wie heiße Kohlen… verbrannt… die Pizza!
Julian sprang vom Schreibtischstuhl auf und hechtete in die Küche zu seinem qualmenden Backofen.
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" Er sah ein Licht am Ende des Tunnels. Es stammte von einem Flammenwerfer."