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Sereg 6. November 2007 13:57

[Story] Der letzte Blick.
 
So, nach dem ich hier schon einige echt unterhaltsame Geschichten lesen durfte, und da ich selbst auch ganz gerne hin und wieder Schreibe, hab ich das mal zum Anlass genommen mich zu registrieren und auch meine Ergüsse der Öffentlichkeit aufzudrängen.

Zwei Dinge gleichmal vorweg:

Erstens habe ich das Spiel noch nicht durch und mich auch nicht mit den Romanen oder dem Comic beschäftigt, weshalb vieleicht einiges von der "offiziellen" Storyline abweicht.
(Z.B. weiß ich noch nicht wo denn nun das Hellgate steht, also hab ich mir selbst ein Plätzchen rausgesucht. :) )

Zweitens schreibe ich Hobbymäßig in meiner Freizeit und gedenke nicht das in Arbeit ausarten zu lassen, weshalb sich mit Sicherheit einige Rechtschreibfehler eingeschlichen haben. Sry, aber mehr als einmal korrekturlesen ist nicht drin. :)

Wer sich mit diesen beiden Punkten abfinden kann dem wünsche ich viel Spass beim lesen, und hoffe dass ich nicht der Einzige bleibe dem meine Geschichte gefällt.

Zur Story selbst:

Es handelt sich (mal wieder) um die Geschehniss im Jahr 2020 während der Dämoneninvasion. Es gibt dazu zwar schon einige Storys, aber meiner meinung nach ist dieser Teil des Background einfach der interessanteste und gibt verdammt viel her. das das Thema immer wieder interessant ist, zeigen ja die unzähligen Filme die die Apokalypse zum Thema haben. Natürlich hoffe ich, dass es mir gelingt, dass die Story interessant bleibt und nicht nur eine Langweilige wiederholung von dem wird, was man bereits an anderer Stelle Lesen konnte

So, genug der langen Worte, hier also meine Geschichte:

Sereg 6. November 2007 14:02

Julian seufzte und starrte frustriert auf den Ladebalken auf seinem Bildschirm der sich nur dann Vorwärts zu bewegen schien wenn er gerade nicht hinsah. Bei näherer Betrachtung war er sich nicht einmal mehr völlig sicher ob das verdammte Ding überhaupt irgendwelche Fortschritte machte. Er schnaubte empört und wandte den Blick von seinem Monitor um zur Abwechslung mal aus dem Fenster zu starren. Die Häuserfront gegenüber und der Himmel ergänzten sich in ihrem grauen, tristen Erscheinungsbild zu einer nahezu perfekten Manifestation der Langeweile. Bald würde es Regnen, die Leute würden mit gesenkten Köpfen durch die Nässe hetzen und es würde dort draußen noch grauer werden, doch dass brauchte Julian nicht zu kümmern. Dort draußen war es auch Montag und Jedermann war herzlich unglücklich darüber wieder seiner Arbeit nach- oder in- die Schule -gehen zu müssen.
Doch auch das war Julian herzlich gleichgültig. Vom Alltag Londons und dem, was man im allgemeinen “Leben” nennt, bekam er seit Wochen kaum etwas mit, denn er hatte Semesterferien. Nicht dass er als Student in den Semesterferien nichts zu tun gehabt hätte, ganz und gar nicht, er hatte einen wahren Berg an Arbeiten zu erledigen, nein, er hatte schlichtweg überhaupt keine Lust etwas zu tun! Zu Beginn der Ferien wollte er nur eine kleine Pause einlegen, aber mittlerweile konnte er sich nicht einmal mehr dazu überwinden seine Freunde anzurufen um auszugehen. Julian konnte sich diese plötzliche Letargie, die nun schon seit fast einem Monat andauerte nicht erklären. Normalerweise war er ein recht kontaktfreudiger Mensch, und es passte so gar nicht zu ihm sich still in seinem Zimmer zu verkriechen. Das seltsamste an der ganzen Situation war aber die Tatsache, dass er trotz seiner anhaltenden Unlust irgend etwas zu unternehmen eine seltsame Rastlosigkeit in sich spürte, die er vorher nicht gekannt hatte. Einerseits drängte etwas in ihm darauf irgend etwas zu tun, andererseits wurde ihm jegliche Art der Beschäftigung bereits nach kürzester Zeit zu Langweilig, ja geradezu zuwider. So saß Julian Barner also an diesem grauen Montagmorgen, wie an jedem Tag der vergangenen drei Wochen, in seinem kleinen Ein-Zimmer-Appartment vor dem PC und starrte mit wachsender Ungeduld auf den Ladebalken der Spielfilmdatei, die er sich gerade aus dem Netz zog, um auf diese Weise den Tag möglichst angenehm hinter sich zu bringen.

Julian kam gerade von seinem Balkon zurück in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich, rauchen war in der Mietwohnung des Studentenheims nicht gestatte. In den wenigen Minuten seiner Abwesenheit hatte der Downloadbalken irgendwie die 75% Marke überschritten und die Pizza in seinem Ofen hatte begonnen ziemlich angebrannt zu riechen. Da geschah es plötzlich. Ein lauter Knall, wie von einer Explosion , ließ die Scheibe der eben geschlossenen Balkontür und die Fenster erbeben. Es klang als wäre im Nachbarhaus eine Gasleitung explodiert. Julian fuhr herum und starrte aus dem Fenster um nachzusehen was los war, doch die Häusergassen der Nachbarschaft lagen ruhig und nahezu verlassen vor ihm wie immer. Er begann schon daran zu zweifeln, ob er das Geräusch wirklich gehört hatte, oder ob es nur seiner Einbildung entsprungen war, als er am Horizont eine dunkle Rauchwolke erblickte. Zur gleichen Zeit stieg ihm ein seltsamer Geruch in die Nase, der durch die Fensterdichtungen in sein Zimmer zu sickern schien. Es roch nach… nun... er konnte nicht genau sagen nach WAS es roch, aber es erinnerte ihn an die Chemiestunden an seiner alten Schule und seinen Lehrer Mr. Morrison, der schon ziemlich alt gewesen war, und bei dem praktisch jedes Experiment mit Gestank oder einem Knall zu Enden pflegte. Julian schüttelte den Kopf und wandte sich wieder der Rauchwolke am Horizont zu.
Er runzelte die Stirn. Irgendetwas war seltsam an dieser Rauchwolke. Sie schien nach oben zu steigen wie ganz normaler Rauch, aber… es sah nicht aus wie Rauch, und sie verlor sich auch nicht in der Atmosphäre wie Rauch es gewöhnlich zu tun pflegte. Vielmehr wirkte die Wolke wie eine.. nun... wie eine Wolke. Eine waschechte, dicke Gewitterwolke, die sich mehr und mehr ausbreitete und nach und nach ein immer größeres Stück des Himmels zu verdecken schien! Und außerdem war sie für eine Wolke ziemlich grün.
Julian schüttelte energisch den Kopf, setzte sich wieder vor seinen Computer und versuchte seine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Das aussehen der Wolke hatte er sich höchstwahrscheinlich nur eingebildet, oder es lag an der weiten Entfernung zur Innenstadt, wo die Explosion, oder was immer es auch war, wohl ihren Ursprung hatte, auf alle Fälle war mit Sicherheit das viele Viedeosehen schuld an dieser unerwarteten Halluzination. Und Dennoch.. Irgendetwas war mit dieser Wolke.. Etwas, dass ihn anging… die rastlose, unersättliche Präsenz in seinem Selbst war wie aufgerüttelt. Sie zuckte unruhig hin und her, drängend, erwartend, trieb ihn mit fast unerträglicher Intensität dazu etwas zu tun… etwas.. wenn er doch nur gewusst hätte was! Und dann dieser Geruch… dieser seltsam vertraute Geruch… war es… war es Schwefel? Nein, Schwefel roch anders, da war er sich sicher, es konnte kein Schwefel sein. Es roch viel mehr nach Feuer… wie heiße Kohlen… verbrannt… die Pizza!
Julian sprang vom Schreibtischstuhl auf und hechtete in die Küche zu seinem qualmenden Backofen.

Sereg 7. November 2007 00:36

Während Julian Barner auf den Ladebalken seines Films wartete und aus dem Fenster starrte, schlenderte Elisabeth durch den Qeenspark. Nun, schlendern war eigentlich das falsche Wort, vielmehr stampfte sie, denn sie war stinksauer. Als sie erfahren hatte, dass ihr neuer Auftrag sie nach London führen würde hatte sie bereits geahnt, dass es keine der üblichen Missionen werden würde. Nach dieser hässlichen Geschichte in Nord Korea war es nur allzu verständlich, dass man sie vorerst von der Bildfläche verschwinden lassen wollte. Umso mehr war sie erstaunt, dass sie nun mit dem britischen Militär zusammenarbeiten sollte um dieses im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu unterstützen da ihre “exzellente Ausbildung für dieses Spezialgebiet” und ihr “reichhaltiger Erfahrungsschatz” sie für diese Mission “absolut prädestinieren”. Nun, das mochte ja richtig sein, aber normalerweise wurden Aufträge mit einem solchen diplomatischen Gewicht an Leute vergeben die das nötige Feingefühl für diese Art von Missionen besaßen, deren Integrität über allen Zweifel erhaben war und bei denen man sich darauf verlassen konnte, dass sie das Prestige des eigenen Landes in keiner Weise zu gefährden drohten. Kurz gesagt: Wer ohne Warnungen oder Rücksichtnahme auf Irgendjemanden im Stadtzentrum von Pjöngjang ein Vierstöckiges Gebäude in die Luft jagte war eigentlich ganz und gar nicht prädestiniert für diese Aufgabe. Nichtsdestotrotz hatte Elisabeth Dreyer keine weiteren Fragen gestellt, die Papiere unterschrieben und ihre Sachen gepackt. Beim Militär stellte man für gewöhnlich keine unnötigen Fragen, und beim KSK schon gar nicht. Am Morgen vor ihrer Abreise wurde Elisabeth klar, dass sie es diesmal lieber doch hätte tun sollen. In einem Briefing kurz vor ihrem Aufbruch wurden ihr der genauere Inhalt ihres Auftrags erläutert. Elisabeth hatte einiges erwartet, doch was sie nun hörte gefiel ihr ganz und gar nicht. Innerhalb ihrer neuen Einheit würde sie an keinerlei Kampfeinsätzen teilnehmen. Das ging ihr zwar gegen den Strich, schließlich war sie für den Kampf ausgebildet worden, aber sie hatte es schon halb geahnt und konnte sich damit abfinden. Doch es kam noch schlimmer: Sie war nicht etwa der SAS oder SBS zugeteilt, auch nicht den Royal Marines, nein, ihre neue Einheit war eine stinknormale Infaneriedivision der British Army! Und damit nicht genug, ihre “Unterstützung eines unserer wichtigsten Verbündeten in Europa” bestand darin, dass sie in 2 Stunden pro Woche einen “Theoretischen Grundkurs zu Antiterror Einsätzen im Ausland für interessierte Soldaten in der Ausbildung auf freiwilliger Basis” anbieten und abhalten würde. Im Fokus ihrer Vorträge würden Themen wie “Weshalb sind Antiterroreinsätze in fremden Ländern notwendig”, “Welche Ziele werden mit solchen Einsätzen verfolgt” und “Welche Anforderungen werden an die Bewerber bei den verschiedenen Spezialeinheiten gestellt” stehen. Elisabeth hätte sich am liebsten geweigert den Auftrag anzunehmen! Den Lehrer für eine Bande Rekruten zu mimen war für eine Soldatin ihres Kalibers schlichtweg eine Demütigung, zumal sie stark bezweifelte, dass irgendjemand seine kostbare Freizeit opfern würde um sich ein paar Allgemeinplätze über die Gefährlichkeit von religiösem Fanatismus oder die Wichtigkeit von Geiselbefreiungen anzuhören. Doch leider war es für solche Einsichten nun zu Spät. Sie hatte bereits alle Dokumente unterzeichnet und dem Auftrag zugestimmt, alles weitere wäre blanke Befehlsverweigerung gewesen. Verdammt! Sie hätte sich wirklich die Mühe machen sollen zu lesen, was sie da unterschrieb! Als sie spät Nachts im Flieger nach London saß hatte sie ihre Wut über diese Demütigung von einem Einsatz einigermaßen überwunden. Quasi aus Rache hatte sie darauf bestanden, dass sie als Soldat im Einsatz, denn letztlich war es ja ein Einsatz, ihre Ausrüstung benötigte, und hatte alles mitgenommen was sie auch nur irgendwie rechtfertigen und tragen konnte. Es hatte einiges an Scherereien gemacht die Waffen und Ausrüstung in einen Flieger nach London zu schaffen, man konnte sich schließlich schlecht mit einer MP unterm Arm in ein Passagierflugzeug setzen, doch irgendwie hatte es geklappt. Elisabeth war sich zwar nicht ganz sicher ob sie die schwere Kiste wirklich alleine von der Stelle bewegen konnte, aber sie war höchst zufrieden mit sich selbst und ihrem gelungenen Racheakt.
In London angekommen war ihre gute Laune jedoch schnell geschwunden. Niemand war am Flughafen um sie abzuholen. Nach fast einer Stunde vergeblichen Wartens entschloss sie sich bei ihrer neuen Dienststelle anzurufen. Dort hatte man sie offensichtlich völlig vergessen. Es dauerte zwei weitere Stunden bis endlich Jemand kam um sie und ihr Gepäck abzuholen, doch dies war kein Lichtblick, denn der Fahrer des Wagens brachte ihr nicht nur ein herzliches “Willkommen in London“, sondern auch die Nachricht, dass aufgrund von Renovierungsarbeiten zur Zeit leider kein Platz mehr für sie in der Kaserne war und sie sich wohl oder übel fürs erste ein Hotelzimmer in London besorgen musste. Das sei weiter nicht so schlimm, die Anfahrtszeit betrage zwar zwei Stunden, natürlich nur ohne Stau, und sie müsse sich wohl auch einen Wagen mieten, aber schließlich hätte sie ja nur zwei mal Pro Woche in der Kaserne zu erscheinen. Alles halb so wild. Ach ja, Zimmer und Wagen musste sie natürlich selbst bezahlen, Verwaltungsvorschrift. Elisabeth kochte vor Zorn.
Zwei Wochen waren nun seit ihrer Ankunft in London vergangen, doch Elisabeths Wut war noch lange nicht verraucht. Sie hatte zwar ein günstiges kleines Hotel in der Londoner Innenstadt gefunden und einen klapprigen, aber billigen MINI gemietet, doch das machte die Situation auch nicht besser. Ihre Kurse zogen ungefähr so viele Zuhörer an wie sie es sich gedacht hatte, die ersten beiden male waren es noch sieben, dann fünf und in der letzten Stunde schließlich nur noch drei gewesen. Der Weg zur Kaserne war mal für mal eine Qual, denn in London war praktisch immer irgendwo auf dem Weg ein Stau, was die Anfahrtszeit meist um fast eine ganze Stunde verlängerte. Am schlimmsten war jedoch die Tatsache, dass sie, praktisch gesehen, nichts zu tun hatte. Abgesehen von Dienstag und Freitag wurde sie fürs Nichtstun bezahlt, und sie wusste beileibe nicht, was sie mit all dieser Zeit anfangen sollte. Sie war Soldat! Sie war ausgebildet für den Kampfeinsatz! Museen und Kirchen zu besuchen war zwar ganz nett aber auf Dauer nicht das Richtige für sie. Sie trieb zwar nach wie vor Sport, ging joggen und schwimmen und fuhr, sooft sie die nötigen Nerven dazu aufbrachte, zur Kaserne um dem Schießstand einen Besuch abzustatten, doch nichts desto trotz hatte sie das Gefühl mit jedem Tag mehr und mehr einzurosten.
Ein Regentropfen viel Auf Elisabeths Kopf. Sie blickte nach oben auf den von grauen Wolken verhangenen Himmel und runzelte die Stirn. Schon wieder Regen. Wütend schnaubend beschleunigte sie ihre Schritte. Regen machte ihr eigentlich nichts aus, aber in dieser Stadt schien es praktisch dauernd zu Regnen. Oder es war neblig. “Scheiß London,”, dachte sie, “von mir aus kann diese ganze verdammte Stadt zur Hölle fahren!”
Sie hatte den Satz gerade zu Ende gedacht, als sich etwas veränderte. Die Regentropfen begannen schneller und dichter zu fallen, doch das war es nicht. Es war.. Elisabeths Fingerspitzen begannen zu prickeln und sie blieb schlagartig stehen. Mit einem mal waren alle Gedanken an ihren unsinnigen Auftrag vergessen. Elisabeths Atem ging schneller und sie sah sich misstrauisch um. Da war etwas… der Park lag da wie eh und je, die Menschen klappten ihre Regenschirme auf oder beschleunigten ihre Schritte um dem aufkommenden Regen zu entkommen, und doch… Es lag etwas in der Luft. Elisabeth kannte dieses Gefühl, dieses Prickeln in den Fingern, ihren schneller werdenden Atem. Auf zahlreichen Missionen hatte ihr Körper einen Gefahreninstinkt entwickelt den sie sich nicht erklären konnte, dem zu vertrauen sie aber gelernt hatte. Ähnlich wie Hunde Erdbeben früher bemerken als Menschen, reagierte ihr Körper empfindlich auf plötzlich auftretende Bedrohungen von Außen. Ja, es lag eindeutig irgendetwas in der Luft. Sie verstand zwar noch nicht was, aber sie vertraute ihren Instinkten weit genug um auf der Stelle kehrt zu machen und den Heimweg anzutreten. Langsam, dann immer schneller setzte sie einen Fuß vor den anderen. Das Prickeln in ihren Fingerspitzen wurde stärker, ihre Gedanken begannen zu rasen. Sie war mitten in London in einem öffentlichen Park, eine friedliche Großstadt und kein Schlachtfeld. Woher kam diese Plötzliche Gefahr? Ein Terrorangriff? Ein Amoklauf? Ihre Nackenhaare stellten sich auf und das Gefühl drohender Gefahr wurde immer stärker. Sie begann schneller zu laufen. Was zum Teufel war hier los? Ihr Atem ging schneller und schneller. Ein flaues Gefühl breitete sich von ihrem Magen aus aus und lies ihre Glieder zittern. “Verdammt! Verdammt, verdammt, verdammt, es wird etwas passieren, etwas schreckliches!” Elisabeth hatte schon den halben Weg durch den Park zurückgelegt, als sie plötzlich ein Eisiger Schauer der Angst überlief wie sie ihn noch nie erlebt hatte, ihr Körper reagierte im selben Moment und ohne es bewusst zu wollen sprintete sie los so schnell sie nur konnte. Ihn ihrem Kopf war plötzlich nur noch Platz für einen einzigen Gedanken, das Hotelzimmer, die Waffen!
Sie hetzte durch den Regen, vorbei an Fußgängern und Radfahrern, einen alten Mann, der nicht rechtzeitig zur Seite sprang stieß sie einfach aus dem Weg. Sie hörte nicht die wütenden Ausrufe der Entrüstung, sah nicht die zornigen oder erstaunten Blicke der Menschen. Nach weniger als zwei Minuten ließ sie den Park hinter sich. Ohne einen Blick nach links oder rechts zu werfen stürmte sie über die Harvistroad und die Bahngleise. Schrilles Hupen gellte durch die Luft, irgendwo krachten zwei Autos ineinander, doch sie bemerkte nichts davon. Einer Plötzlichen Eingebung folgend wandte sie sich nach links und folgte den Bahngleisen Richtung Queenspark-Undergroundstation. Kurz darauf erreichte sie die Salesbury Road, sie wandte sich abrupt nach rechts, stieß einige Passanten unsanft beiseite und rannte weiter. Die U-Bahnstation war jetzt zum greifen nahe, nur noch ein paar Meter. Fast schon verzweifelt beschleunigte sie ihren Schritt noch mehr. Ihre Lunge brannte, ihre Waden begannen zu schmerzen, Tränen traten ihr in die Augen als ihr Körper das Letzte gab was er an Geschwindigkeit aufzubieten hatte. Noch 20 Meter. Noch 10. Sie stieß einen Mann in Anzug der ihr den Weg versperrte so heftig mit dem Ellenbogen beiseite, dass dieser Rückwärts durch die Luft Flog. Noch Fünf Meter. Vor ihr führten die Stufen der U-Bahn Station in die Tiefe. Plötzlich schrillten in ihrem Kopf alle Alarmglocken zugleich. Sie erreichte die Treppe, ihr vorderer Fuß trat ins Leere, es gelang ihr noch sich mit dem hinteren Fuß Abzustoßen, dann segelte sie für einige Sekunden fast schwerelos durch die Luft. Der Aufprall kam schnell und schmerzhaft. Einen Absatz weiter unten schlug sie heftig auf die Treppe, die Luft wurde aus ihren Lungen gepresste, Ihre Rippen krachten und sie überschlug sich mehrmals als sie den nächsten Absatz hinunter Rollte. Ihr Kopf schlug irgendwo hart an, eine Kannte riss ihr linkes Schienbein auf. Sie schlitterte noch einige Stufen weiter, die Kanten schürften ihre Unterarme auf, dann kam sie zusammengekrümmt am Fuß der Treppe zum liegen. Ihre Kopf dröhnte, ihr ganzer Körper schmerzte. In diesem Moment ertönte ein lauter donnernder Knall, der ihren Schädel vibrieren ließ und ungeahnte Schmerzen durch ihren Kopf jagte.
Was auch immer sich da angebahnt, und sie so in Angst und Schrecken versetzt hatte, jetzt war es geschehen.

Sereg 7. November 2007 12:56

Mühsam rappelte Elisabeth sich wieder auf die Beine. Sie hatte sich bei ihrem Sturz zahlreiche Prellungen und blaue Flecken zugezogen und ihr Hinterkopf schmerzte ganz besonders. Als ihre vorsichtig tastenden Finger die Stelle erreichten zuckte sie zusammen. An ihren Händen klebte Blut. “Mist.. Eine Platzwunde. Hoffentlich nichts schlimmeres.” Sie ließ ihren Blick kontrollierend über den Rest ihres Körpers schweifen. Alles schien noch an seinem Platz zu sein, wenn auch nicht ganz unversehrt. Die Dünnen Ärmel der Weinroten Kunstlederjacke die sie über ihrem Top trug waren durchgescheuert und die Ellenbogen aufgeschürft, an ihrem linken Schienbein klaffte ein Loch in ihrer Jeans, darunter hatte die harte Kante einer Treppenstufe das Bein aufgerissen, die Wunde war nicht sehr tief, aber schmerzhaft. Langsam begann dass dröhnen in ihrem Kopf nachzulassen. Ein ironisches Grinsen huschte über Elisabeths Lippen. Nun, dafür, dass sie soeben eine mehrere Meter Hohe Treppe im Sturzflug überwunden hatte war sie eigentlich in erstaunlich guter Verfassung. Elisabeth holte tief Luft und brach gleich darauf in einen keuchenden Hustenanfall aus. Mein Gott! Wo kam nur dieser Gestank her? Es roch nach verfaulten Eiern und irgendwie auch verbrannt. Gemächlich, aber schneller als sie erwartet hatte zog sich der Schmerz in ihrem Kopf zu einem heißen Punkt an ihrem Hinterkopf zusammen und erlaubte ihr wieder klar zu denken. Warum zum Teufel hatte sie sich Kopfüber eine Treppe hinuntergestürzt? Richtig… da war dieses Gefühl der Gefahr gewesen. Elisabeth blickte auf ihre Hände, ein leichtes Zucken durchlief ihre Muskeln. Ihre Fingerspitzen prickelten immer noch. Leicht zwar, aber sie konnte es nicht übersehen, selbst nach diesem Sturz stand ihr Körper immer noch unter Anspannung. Kein Wunder. Sie erinnerte sich an einen lauten Knall den sie gehört hatte als sie auf den Boden aufschlug. Eine Explosion. Eine gewisse Erleichterung machte sich für einen Augenblick in ihr breit. Sie hatte also allen Grund gehabt sich schleunigst irgendwo in Deckung zu begeben, auf ihre Reflexe war eben doch Verlass. Doch was genau war eigentlich geschehen? Sie musste ein kurzes Würgen aufgrund des widerlichen Gestanks unterdrücken und wandte sich um, in Richtung der Treppe die nach oben auf die Straße führte. Sie stutze. In dem trüben Licht, dass von draußen in den U-Bahn Zugang fiel wirbelten dünne Schleier aus Staub, gelblich grün, wie dünne Nebelfetzen. Ein leiser Windhauch ließ die kränklichen Schlieren in der Luft tanzen, zerstreute ihre Ränder, und trug eine weitere Woge des ekelhaften Geruchs zu ihr hinab, der in ihrer Nase brannte und sie erneut husten ließ.
Was in Dreiteufelsnamen war das für ein Zeug? Eine Biologische Waffe? Nein, das war nicht möglich, denn Viren und Bakterien waren unsichtbar, und außerdem staken sie nicht. Ein Giftgasanschlag vielleicht? Zwar möglich aber höchst unwahrscheinlich, sie kannte kein modernes Kampfgas, dass solchen Gestank und gelben Nebel verbreitete, und an Kampfgasen kannte eine ganze Menge. Nun, was auch immer es war, noch war sie nicht tot, doch sollte eine der beiden Möglichkeiten zutreffen würde sie es so oder so bald sein, Massenvernichtungswaffen konnte man nicht durch einen Hechtsprung in die U-Bahnstation entkommen. Es sprach demnach nichts dagegen die Treppe hinauf zu steigen und sich ein Bild davon zu machen, was denn nun eigentlich passiert war.
Sie hatte gerade den Beschluss gefasst sich draußen umzusehen und die Hand auf das Treppengeländer gelegt als sie ein seltsames Geräusch innehalten ließ. Ein kehliges Gurgeln und gepresstes Husten Drang an ihr Ohr. Sie hielt inne. Ihre Fingerspitzen begannen stärker zu prickeln. Tappende Geräusche, wie von unsicheren Schritten, erklagen auf den oberen Stufen, dann tauchte eine schwankende, menschliche Gestalt im Zwielicht am oberen Ende der Treppe auf. Elisabeth trat einen Schritt zurück. Schwerfällig und taumelnd überwand die Gestalt die ersten Treppenstufen, es war ein Mann in einem dunklen Anzug. Etwa der den sie vorher beiseite gestoßen hatte? Ein kehliges keuchen entrang sich seiner Brust, dann gaben seine Knie nach und er sackte seitlich gegen das Geländer. Elisabeth zögerte nicht lange und spurtete die Treppe hinauf um dem offensichtlich verletzten Mann zu helfen. Er war auf der Treppe zusammengebrochen, der Kopf auf die Brust gesackt. Elisabeth kniete sich neben ihm nieder. “Sir?” Sie fasste den Mann an der Schulter. Sein Anzug war teilweise wie von dünnem Pollenstaub bedeckt. “Sir, können sie mich hören?” Mit einem Stöhnen hob der Mann den Kopf. Sein Haar war zerzaust, das Gesicht Schweißbedeckt und die Augen blutunterlaufen. Er hustete schwer und schleimig, aber er nickte. “Gottseidank!” Elisabeth entfuhr ein Seufzer der Erleichterung. “Können sie gehen?” Ein Kopfschütteln, gefolgt von einem neuerlichen Hustenanfall war die Antwort.
Elisabeth dachte rasch nach. So wie es aussah war es wohl doch nicht so verkehrt gewesen sich in die U-Bahn zu flüchten. Der Mann hatte eindeutig zuviel von dem ekelhaften Rauch eingeatmet.
Das Einzige was sie tun konnte war ihn an einen Ort zu bringen wo die Luft besser war, und darauf zu hoffen das er sich erholte. Tiefer in die Station hinein. “Kommen sie, ich helfe ihnen:” Elisabeth fasste den Mann mit dem linken Arm unter der Schulter und legte sich seinen rechten über die ihre. Mit einem “Und hopp!” Hievte sie den immer noch keuchenden Verletzten in die Höhe. Der Mann war zwar nicht besonders schwer, aber seine Beine konnten ihn nicht einmal mehr ansatzweise tragen, so dass sein ganzes Gewicht auf Elisabeths Schultern lastete, aber es ging. Langsam und vorsichtig bugsierte sie ihn die Treppe hinab, dann um die Ecke und die nächsten Stufen hinab zu den Bahngeleisen. Die Station war fast leer, lediglich eine kleine Gruppe von 10, vielleicht 12 Personen stand zusammengedrängt am Bahnsteig und diskutierte mit aufgeregten Stimmen. As sie der beiden Neuankömmlinge auf der Treppe gewahr wurden dauerte es nur einen Augenblick, dann eilte ein junger Mann mit zottigen Dreadlocks in abgewetzter Lederjacke auf sie zu und legte sich den anderen Arm des Verletzen über die Schulter. “Was ist da oben passiert?” fragte er, während sie den Mann die nächsten Stufen hinab bugsierten. “Ich weiß es nicht.” Elisabeth keuchte ein wenig. Zu zweit ging es viel leichter. Der junge Mann fuhr fort zu sprechen: “Wir haben eine Explosion oder so etwas gehört, ich hab den Notruf betätigt und denen Bescheid gesagt, sie meinten sie würden sich um die Sache kümmern.” Elisabeth nickte. Gut reagiert. Sie hatten die Treppe überwunden und waren auf dem Bahnsteig angelangt. “Dort drüben hin.” Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf eine der Sitzbänke. Der junge Mann nickte und gemeinsam legten sie den immer noch hustenden, halb bewusstlosen auf die Bank. Während sie kurz verschnaufte sah sich Elisabeth die anwesenden an. Eine Frau mit Kinderwagen, zwei kleine Mädchen in Schuluniformen, Zwei Handwerker in blauen Overalls, eine Frau um die dreißig mit furchtbar viel Makeup in Minirock und roten Stöckelschuhen und zwei Herren mittleren Alters in grauen Anzügen. Die Gesichter der Menschen zeigten Angst, Verwirrung oder schlichte Ratlosigkeit. Der junge Mann der ihr geholfen hatte wirkte am gefasstesten, also wandte sie sich an ihn. “Ich hab keine Ahnung was da draußen passiert ist, ich war gerade… auf dem Weg in die Station, als es diesen Knall gab.” Ihr Gegenüber nickte, und die anderen lauschten nervös als sie fortfuhr. “Alles was ich weiß ist, dass irgendetwas wirklich übles passiert ist, draußen ist ein seltsamer Nebel, oder Rauch, vielleicht Gas oder so etwas.” Zwischen den Anwesenden brach ängstliches Getuschel aus. “ Er hier,” sie deutete auf den stöhnenden Verletzten, ”war draußen und hat wohl zuviel davon eingeatmet, es ist also das Beste wenn sie alle vorerst hier unten bleiben wo das Zeug nicht hingekommen ist.” Der junge Mann nickte. “Am besten sie warten bis Rettungskräfte, die Polizei, oder sonst wer kommt. Ich werde…” Elisabeth stockte. Was würde sie denn nun tun? Nach Hause gehen und abwarten was weiter geschah? Hier bleiben? Versuchen Hilfe zu holen? Aber der Rettungsdienst war ja schon informiert, und es war nicht ihre Aufgabe sich nach einem Terrorangriff um die Verletzten zu kümmern. Nun, sie war immer noch beim Militär, vielleicht würde sie ja gebraucht, auch wenn sie das stark bezweifelte, immerhin durfte sie ja an keinerlei Einsätzen teilnehmen. Aber einen Vorteil hatte es, sie konnte zumindest in ihrem Stützpunkt anrufen, vielleicht wusste man dort bereits mehr über den Angriff. Und dann war da nach wie vor dieses Prickeln in ihren Fingerkuppen, jetzt in der Station war es nur sehr schwach, aber das Gefühl drohender Gefahr war immer noch da, und irgendwie fühlte sie sich in dieser Situation ohne eine Waffe geradezu nackt. Ja, erst musste sie raus aus der U-Bahn, dann den Stützpunkt anrufen, ihre Ausrüstung holen, und dann würde sie sich bereit halten für alles was da kommen mochte. All dies beschloss sie in wenigen Sekunden. “ Ich gehöre zur British Army.” beendete sie ihren Satz. “Wenn das wirklich ein Terroranschlag war, werde ich auf meinem Stützpunkt gebraucht.” Der junge Mann nickte erneut. “Wenn noch weitere Verwundete den Weg hier runter finden, kümmern sie sich bitte um sie bis ein Rettungsdienst eintrifft, ich werde in der Basis Meldung machen, dass es hier Verletzte gibt.” Erleichterte Seufzer von den Anderen verkündeten ihr, wie froh man drüber war nun mit Sicherheit zu wissen, dass man an offizieller Stelle über sie bescheid wusste und sich jemand um alles kümmern würde. Elisabeth schluckte. Es war Zeit zu gehen. “ Nun.. Ich werde mich dann auf den Weg machen. Halten sie einfach durch bis Hilfe eintrifft und gehen sie nicht nach draußen.” Die verängstigten Menschen nickten Elisabeth zu, dann wandte sie sich ab und stieg die Treppe hinauf. “Viel Glück!” rief ihr der junge Mann noch nach, bevor sie am oberen Ende der Treppe aus seinem Sichtfeld verschwand.

Sereg 7. November 2007 20:16

Elisabeth stand am unteren Ende der Treppe die hinaus auf die Straße führte, in der linken Hand hielt sie ihr Halstuch. Sie warf einen misstrauischen Blick auf die kränklich, gelben Nebelschlieren und dachte einen Moment nach. Während der letzten Minuten schienen die Dunstschwaden merklich dünner geworden zu sein, vielleicht sollte sie mit dem Tuch doch besser ihren Kopf, oder die Wunde an ihrem Bein verbinden? Mit einem Kopfschütteln entschied sie sich dagegen. Was immer dieses Zeug war, je weniger davon die Gelegenheit erhielt in ihre Lungen zu dringen umso besser. Sie faltete ihr Halstuch zu einem Dreieck, legte es sich über Mund und Nase und Band die Enden vorne wieder zusammen. Für einen Moment musste sie Grinsen. Mit einem Palästinensertuch, wie es viele dieser Möchtegern alternativen Kids trugen hätte sie sicher ziemlich “cool” ausgesehen. Das lavendelfarbene Seidenhalstuch ihrer Großmutter mit dem knallgelben Butterblumenmuster hingegen wirkte wohl nicht besonders erschreckend, Modedesigner und Leute mit gutem Geschmack einmal ausgenommen.
Sie gab sich einen innerlichen Stoß und mit besorgten Vorahnungen im Hinterkopf stieg sie die Treppe hinauf.
Was sie erblickte als sie die offene Straße erreichte ließ sie abrupt innehalten. Die Salesbury Road sah aus wie ein Schlachtfeld. Dünne Schwaden gelben Nebels hingen über dem Boden und begannen sich langsam zu setzten. Die Häuserfronten, Autos und die Straße war an vielen Stellen von gelblich-grünem Staub, wie bei starkem Pollenflug, bedeckt. Die Straße war ein einziger Auffahrunfall. Überall waren Autos ineinander verkeilt, in Hauswände gekracht, kreuz und quer auf den Straßen zum Stillstand gekommen. An der nächsten Kreuzung sah es besonders schlimm aus. Ein Bus war in einen Lkw gerauscht, der seitlich auf einem brennenden Ford lag. Fetter schwarzer Qualm stieg in den Himmel. Und die Menschen! Die Luft war erfüllt von Stöhnen und schleimigem Husten. Hier und da saßen oder knieten Frauen und Männer die sich, nach Luft ringend, die Seele aus dem Leib würgten. Ein paar taumelten ziellos umher. Elisabeth konnte sehen wie ein paar Meter weiter eine Frau röchelnd zusammenbrach. Einige saßen blutüberströmt neben den offen stehenden Türen ihrer deformierten Autos, zu ihrer rechten hing ein Mann leblos aus der zerborstenen Windschutzscheibe seines Wagens. Leblos. Und er war nicht der Einzige. Die meisten Körper die Elisabeth sah, gaben weder stöhnen noch husten von sich, sondern lagen reglos, und verkrümmt auf dem Bürgersteig oder der Straße. Und über all dem dieser Gestank! Dieser grauenvolle Gestank nach verfaulten Eiern und verbranntem Fleisch. Es kostete Elisabeth einige Konzentration ihren Würgreflex nieder zu kämpfen und den widerwärtigen Odem so gut es ging zu überwinden. Im Nordosten über dem Parliament Hill hing eine dunkle, grünlich verfärbte Wolke fett und schwer am Himmel und verdunkelte das ohnehin schon trübe Licht des Regentages noch weiter. Elisabeth kniff die Augen zusammen, war es eine optische Täuschung oder breitete sich diese ekelhafte Wolke wirklich langsam aus? Ein Regentropfen, kalt und nass, der seinen Weg in ihren Kragen gefunden hatte schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Es regnete nicht besonders stark, aber mit jener Beständigkeit die einen früher oder später bis auf die Knochen durchnässte.
Elisabeth zog ihren Kragen zusammen und wandte sich um. Für diese armen Menschen hier konnte sie nichts tun, sie musste sich im Stützpunkt melden und ihre Ausrüstung besorgen. Eine leise Vorahnung sagte ihr, dass dies im Moment das Wichtigste war.
Hastig eilte Elisabeth über die Kilburn Lane und die Portnall Road hinab. Überall bot sich ihr das selbe Bild. Kollidierte, teils brennend Autos, gelber Staub und Nebelschlieren, würgende Menschen und leblose Körper. Ihr Haar klebte ihr nass an den Schläfen und ihr Hinterkopf brannte, doch sie achtete nicht darauf sondern lief weiter. Sie hatte mehrmals versucht ihren Stützpunkt zu erreichen, doch sie bekam jedes Mal nur ein “Besetzt” Signal, irgendwann hatte sie es aufgegeben und sich darauf verlegt schneller zu laufen. Die entsetzliche Hilflosigkeit, die sie beim Anblick der zerstörten Straßen zunächst empfunden hatte war zunächst ungläubiger Bestürzung und dann kalter Wut gewichen. Welcher verrückte Rote Spinner, Mullah oder Anarchist auch immer hinter diesem Anschlag steckte, wenn ihm nicht Irgendjemand eine Kugel in den Kopf jagte, dann würde sie es höchstpersönlich tun! Und im Moment war ihr dieser Gedanke Todernst.
Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, dass offensichtlich auch Andere den Angriff einigermaßen heil überstanden hatten. Immer wieder begegnete sie Menschen die hektisch in die eine oder andere Richtung eilten. So schlimm es hier draußen aussah, die meisten waren wohl in ihren Wohnungen oder Arbeitsplätzen vor dem giftigen Nebel geschützt. Es wunderte sie zwar ein wenig, dass sie auf dem ganzen Weg nicht auf eine einzige Polizeistreife, oder einen Krankenwagen stieß, aber vermutlich war es im Zentrum der Explosion weitaus schlimmer und die Einsatzkräfte hatten alle Hände voll zu tun. Im Zentrum der Explosion… Wahrscheinlich dort wo auch diese unheimliche Wolke ihren Ursprung hatte. Elisabeth warf einen Blick über die Schulter. War die Wolke gewachsen? Es kam ihr so vor, als wäre mittlerweile ein deutlich größeres Stück des Himmels verdeckt als vor einigen Minuten. Sie wandte den Blick wieder nach vorne. Verdammt, was für eine Teufelei hatte man ihnen da auf den Kopf geworfen?
Elisabeth joggte weiter durch den Regen, auf allen Seiten von Szenen wie aus einem Katastrophenfilm umgeben. Sie überquerte die Harrow Road. Hier sah es zwar auch recht schlimm aus, aber es waren wesentlich mehr Menschen auf den Beinen als ein paar Blocks weiter nördlich. An der Abzweigung zum Westway sah sie die Blaulichter eines Löschfahrzeugs blitzen. “Endlich kümmert sich wer um die Leute.”, dachte sie bei sich. Der Anblick hatte sie beruhigt. Sie zog ihr Handy aus der Jackentasche und probierte es noch einmal bei ihrer Basis. Gerade wollte sie das Telefon wieder wegstecken, als sich ihre Nackenhaare sträubten. Ein Schrei erklang, sie zog den Kopf ein, und sah gerade noch wie ein geflügelter Schatten über die Straße huschte und hinter dem nächsten Häuserblock verschwand. Eine kalte Furcht erfasste sie und sie wurde langsamer. Was zum Teufel war denn das gewesen? Ein Vogel? Nein.. Es war viel zu groß gewesen für einen Vogel… und diese Konturen… Elisabeth lief ein Schauer durch Mark und Bein. Ein namenloses Grauen umklammerte ihr Herz mit eisigen Klauen und presste ihr die Luft aus den Lungen ,während ihre Hände zu zittern begannen. Zuckende Bilder von Kreaturen mit Flügeln und mörderischen Klauen, tauchten aus ihrem Geist auf. Alpträume aus ihrer Kindheit und Erinnerungen an billige Horrorfilme. Mit einem Kopfschütteln, dass sie einiges an Kraft und Überwindung kostete warf sie die Gedanken an Geister und Monster ab. Sie musste sich getäuscht haben. Wahrscheinlich aufgrund von Überreizung. Kein Wunder wenn man daran dachte, was während der letzten halben Stunde so alles passiert war.
Entschlossen, doch erheblich langsamer, setzte sie ihren Weg fort, bis zum Hotel war es nicht mehr weit.

Sosehr sie sich auch bemühte, Elisabeth konnte das mulmige Gefühl in ihrer Bauchgegend nicht mehr vertreiben. Seit sie den seltsamen Geflügelten Schatten gesehen hatte war es da, und es hatte sich hartnäckig festgesetzt. Ihr Verstand sagte ihr wieder und wieder, dass sie sich getäuscht haben musste, es konnte nicht gewesen sein für was sie es hielt, doch der saure Kloß in ihrem Magen war anderer Meinung. Es machte die Sache nicht leichter, dass er zudem ein Bündnis mit ihrem Gefahreninstinkt geschlossen zu haben schien, der ihre Nackenhaare zu Berge stehen, und sie bei jedem Schritt langsamer werden ließ. “Verdammt!” Elisabeth brach in kalten Schweiß aus, der ihr zusammen mit dem Regen in dünnen Rinnsalen in den Kragen lief. Eine Straße weiter rechts war ihr Hotel und das Zimmer mit den Waffen und gerade jetzt lag eine Bedrohung so deutlich spürbar in der Luft, dass sie am liebsten auf der Stelle wieder umgekehrt wäre. Die Straße War düster. Eng beieinander stehende Häuserblocks und graue Regenwolken sperrten fast alles Licht aus. Sie sah weder Menschen noch Autos, nur dünne Spuren gelben Staubs im Regenwasser das gemächlich auf die Abflüsse zustrebte. Etwas auf der linken Straßenseite zog ihren Blick auf sich. An der Hauswand gegenüber, neben einer schmalen Seitengasse lag eine alte Frau. Sie war in sich zusammen gesackt und zur Seite gekippt, die Wand hinter ihr blutverschmiert. “Es muss ein Autounfall gewesen sein.” dachte Elisabeth. Sie ging weiter und wurde immer langsamer. “Ein Unfall!” Aber wo war bitteschön das Auto? Es war weit und breit kein Unfallsfahrzeug zu entdecken. “Dann hat sich der Fahrer eben aus dem Staub gemacht!” Ihr Blick blieb starr auf die Leiche der Frau geheftet. Drei klaffende, blutige Schnitte verliefen in gleichmäßigen Abständen über den verstümmelten Körper der alten Frau. Sie konnte sich einreden was sie wollte. Kein Auto der Welt zerfetzte einem den Brustkorb. Sie tat noch einen Schritt weiter und ihr Blick fiel in die Seitengasse gegenüber der, in der ihr Hotel lag. Da bewegte sich etwas! Ein Schatten! Zwischen den Mülltonnen kauerte eine gestalt. Ein Hund? Aber es war zu groß für einen Hund. Der saure Kloß stieg ihr in die Kehle und ließ ein kaltes Zittern in ihrem Körper zurück. Der Schatten hatte sich über etwas gebeugt, und er tat etwas, und die Geräusche von dem WAS er tat erinnerten sie auf grausige Weise an das Knacken und Schmatzen das ihre Katze veranstaltete wenn sie eine Maus fraß.
Stück für Stück schob sie sich an der Hauswand hinter ihrem Rücken entlang. Sie hatte begonnen sich vorsichtig um die Ecke zu schieben, als ihr Blick auf einen Fuß in Turnschuh fiel der aus dem unförmigen Haufen ragte über den sich das Ding gebeugt hatte. Übelkeit und Grauen stiegen in ihr auf. Sie hätte am liebsten geschrieen oder sich übergeben, aber sie konnte sich beherrschen. Meter für Meter schob sie sich Rückwärts in die Straße in der ihr Hotel lag, hoch konzentriert nicht das kleinste Geräusch zu verursachen. Das Hotel musste ungefähr 30 Meter hinter ihr sein. Sie riskierte einen kurzen Blick über die Schulter. Ja, da war das Schild, “Fermoy Inn”, sie hatte es fast geschafft! Sie wandte sich wieder dem Fressenden Biest zu, zog ihren Fuß zurück und… stieß mit der Ferse an irgendetwas an. Eine stechende Hitze durchfuhr sie, sie drehte sich um, und konnte ganz genau verfolgen wie eine leere Coladose leise, wie in Zeitlupe, aber unaufhaltsam, auf die Bürgersteigskante zurollte. Regentropfen schlugen mit leisem “Pling” auf das Blech. Sie machte kullernd einen kleinen Bogen nach links und… “Klonk. Klonk. Klonk.” ,purzelte sie von der Kante. Das Geräusch war nicht Laut, aber in ihren Ohren klang das Scheppern wie schwere Hammerschläge, sie wandte sich wieder dem Ding in der Seitengasse zu, und die Zeit begann in gewohnter Geschwindigkeit weiter zu laufen. Der schwarze, hundeähnliche Schatten lies von seiner Beute ab, seine Schnauze fuhr witternd in die Luft. Ruckartig wirbelte das Biest herum. Rot leuchtende Augen fixierten Elisabeth. Ein sehniger Körper endete in überlangen, klauenbewehrten Armen, der Kopf des Wesens glich einer Mischung aus Alligator und Wolf. Ein Knurren entrang sich der Kehle der Kreatur
Während Elisabeths Vrstand in ungläubigem Entsetzen erstarrte übernahm ein weiters mal ihr Instinkt die Kontrolle über ihren Körper. Schneller als sie es sich je hätte vorstellen können wirbelte sie herum und rannte los. Ein Schauriges Heulen zerriss die Luft und ein galoppierendes Geräusch verkündete ihr, das die Kreatur ihre Verfolgung aufgenommen hatte. Ein entsetzliches Grauen stieg in ihr auf. “Ich werde gefressen! Ich werde von einer Kreatur aus der Hölle gefressen!” Sie konnte an nichts anderes mehr denken! Doch die Angst verlieh ihr Flügel, spornte sie an. Ihre Muskeln stachen in brennendem Schmerz als sie ihren Körper weit über die gewöhnliche Grenze hinaus zur Höchstleistung antrieb. Dennoch kam die schwere Eichenholztür des Hoteleingangs nur quälend langsam näher, während sie immer deutlicher das rhythmische Klicken von Klauen auf hartem Asphalt vernahm. Für einen Moment huschte ein schrecklicher Gedanke durch ihren Kopf. “Was wenn jemand die Tür abgeschlossen hatte?” Doch ihr blieb keine Zeit mehr, mit einem Mahl hatte sie die alte Doppeltür erreicht, ihre Hand fuhr zur Klinke, mit einem Schwung riss sie die Tür auf. “Gottseidank!” Sie glaubte fast den heißen Atem der Bestie in ihrem Nacken zu spüren als sie in die Eingangshalle stürzte und mit aller macht die Tür hinter sich ins Schloss schlug. Ein dröhnender Knall erfüllte die Luft, die Klinke wurde ihr aus der Hand gerissen, und sie geriet auf dem roten Läufer der durch die Eingangshalle führte ins stolpern. Ein lautes, dumpfes Rummsen ließ ihr Trommelfell beben als etwas von außen schwer gegen die dicke Tür schlug und sie erzittern ließ. Ein hektischer Blick nach links und rechts zeigte ihr den leeren Empfangsschalter und die verlassenen Sofas des Foyers. Sie wurde etwas langsamer, fing sich wieder und rannte geradeaus weiter auf den Aufzug zu. Heute konnte sie dem Himmel nicht genug danken, die Tür stand offen und das goldene Licht der Kabinenbeleuchtung erwartete sie verheißungsvoll. Noch drei Schritte, zwei, dann knallte sie gegen die Rückwand der holzgetäfelten Fahrstuhlkabine. Sie wirbelte herum und hämmerte auf die oberste Taste des Panels, die die Vier zeigte. Während sich die Fahrstuhltüren mit lähmender Langsamkeit schlossen warf sie einen Blick Richtung Eingangstür. Das Holz erzitterte unter einigen mächtigen Schlägen, dann trat Ruhe ein. Sie erkannte noch durch die Gardinen wie sich ein Schatten vor dem linken der beiden großen Fenster bewegte durch die trübes Licht in die Eingangshalle drang, dann schloss sich die Tür der Kabine..
Elisabeth sackte schwer atmend an der Rückwand des Aufzugs zusammen während sich der Lift in Bewegung setzte.

Die sanftdunklen Töne eines langsamen Blues drangen aus den Lautsprechern während der Aufzug langsam nach oben glitt. Elisabeth dachte nach. Die Fenster im Erdgeschoss waren vergittert, aber die Gitter waren mehr kunstvoller Zierrat als wirklicher Schutz und sie bezweifelte dass ein entschlossener Einbracher oder eine Kreatur der Hölle größere Probleme damit haben würde sie zu durchbrechen. “Ganz ruhig.” sagte sie sich selbst. “Beruhige dich erstmal. Für den Moment bist du am Leben und in Sicherheit Liz, und damit das auch so bleibt solltest du einen klaren Kopf behalten.” Sie Griff nach ihrem Handy und drückte die Wahlwiederholung. Die langsamen Töne des Blues aus dem Lautsprecher taten ihr gut. Langsam senkten sich Puls und Atem und sie wurde ruhiger. Die Telefonleitung knackste, doch sonst tat sich nichts. Mit einem resignierten Seufzer steckte sie das Telefon wieder weg. Auf dem Aufzugspanel leuchtete die Vier auf und mit einem freundlichen “Bing!” öffneten sich die Türen.
Elisabeth trat auf den von schummrigem Licht aus viktorianisch gehaltenen Wandlampen erhellten Flur.
Der rote Läufer, der auch hier ausgelegt war, dämpfte ihre Schritte während sie den Gang entlang zu Zimmer 304 schritt. Ihre Hände zitterten und waren von kaltem Schweiß bedeckt, als sie den Schlüssel aus der Tasche zog. Sie brauchte mehrere Anläufe, doch schließlich gelang es ihr aufzusperren. Sie trat in ihr Zimmer, schlug die Tür hinter sich zu, lehnte sich mit einem schweren Seufzer dagegen und schloss für einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete bemerkte sie, dass es im Zimmer verdammt düster war. Ein Blick aus dem gegenüberliegenden Fenster zeigte einen wolkenverhangenen Regenhimmel in dessen Mitte sich eine große Wolke schwarz-grün und fettig , wölbte. Sie war tatsächlich gewachsen, doch Elisabeth kümmerte sich nicht weiter darum. Sie hatte dringendere Probleme und Heute schien sowieso nichts unmöglich. Sie knipste den Lichtschalter an. Sofa, Tisch, Fernseher und Schrank des Wohnzimmers erstrahlten in reinlichem Glanz. Es war ziemlich erbärmlich aus Langweile zu putzen, dachte Elisabeth, während sie ihr erster Weg zur Minibar links neben dem Fernseher führte. Sie öffnete die Bar und griff nach eine Flasche Whiskey, für einen Moment wollte sie auch nach den Gläsern greifen, entschied sich dann aber dagegen. Sie zog sich das nasse Seidentuch vom Gesicht, schraubte die Flasche auf und nahm einen tiefen Schluck. Ein wohliger Schauer durchlief ihren Körper und sie stellte die Flasche zurück. Dann löste sie den Knoten des Halstuchs, warf es auf das Sofa, streifte die Jacke ab und schleuderte sie achtlos fort. Dafür das das Mistding so teuer gewesen war, war es verdammt schnell kaputtgegangen. Die wohlige wärme des Alkohols breitete sich in ihrem Magen aus. Sie holte tief Luft und rekapitulierte ihre Situation. Sie war völlig durchnässt und hatte einige kleine Verletzungen davon getragen. Doch ansonsten ging es ihr gut. Die Londoner Innestadt war ein einziges Chaos, so wie es aussah gab es Hunderte verletzte und Tote, und sie konnte ihre verdammte Kaserne nicht erreichen. Am Himmel machte sich eine mysteriöse dunkle Wolke breit und eben wäre sie fast von einem Hundekrokodil gefressen worden.
Elisabeth lachte gequält auf, das Ganze kam ihr vor wie ein Horrorfilm oder ein schlechtes Videospiel.
Egal. So wie es aussah war es keins von beidem sondern so real wie man es sich nur vorstellen konnte, und für Extremsituationen war sie ausgebildet worden. Der saure Kloß in ihrem Hals löste sich während dieser Überlegungen auf und ihre innere Ruhe kehrte zurück. Ihre Hände hörten auf zu zittern, es blieb nur ein schwaches kribbeln in den Fingerspitzen. Was war zu tun? Als erstes musste sie aus diesen feuchten Kleidern raus und ihre Wunden versorgen. Sie streifte die Schuhe ab, zog Top und Hose aus, zupfte ihren Slip zurecht und warf die nassen Sachen zu dem Halstuch auf die Couch. Dann durchquerte sie linker Hand das Schlafzimmer, betrat das Bad und trocknete sich die Haare. Die Schürfwunden, die Platzwunde am Kopf und der Schnitt am Bein waren schnell versorgt. Für Erstere reichten Jod und Pflaster, auf die beiden anderen kamen Mullkompressen die sie mit Binden fixierte. Frisch verarztet kehrte sie in ihr Schlafzimmer zurück. Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr. Seit sie das Zimmer betreten hatte waren gerade mal fünf Minuten vergangen, aber sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass die verschnörkelten Fenstergitter das Ding dort draußen so lange aufhielten, es war Eile geboten.
Rasch öffnete sie den Kleiderschrank, zog eine Tarnhose an und schlüpfte in ihre Stiefel, dann streifte sie den nächst besten Pullover über. Sie fluchte unablässig vor sich hin während sie eine ganze wertvolle Minute dafür opfern musste ihre Stiefel zu schnüren, schließlich hatte sie es geschafft und nun fehlte nur noch das Wichtigste. Sie umrundete gerade das Bett, als irgendwo im Haus, ein paar Stockwerke tiefer, ein dumpfes Krachen, und das splittern von Holz zu vernehmen waren. Hastig kniete sie sich vor die große Aluminiumkiste neben ihrem Bett und fummelte an dem Zahlenschloss herum. Ihre Hände wurden wieder feucht und ihre Fingerspitzen begannen stärker zu prickeln. Das Schloss schnappte auf und sie hob gerade den Deckel als ein panischer Schrei durch das Haus gellte, gefolgt von einem Heulen, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ und einem dumpfen Rumpeln von weiter unten. Kalter Schweiß trat Elisabeth auf die Stirn. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Verdammt! Das teuflische Ding war im Haus und es war auf der Jagd! Sie nahm Schutzweste und Pistolenhalfter aus der Kiste und legte sie mit tausendfach geübter Routine an. Mit einem raschen Griff überprüfte sie ihre P8 und steckte sie zufrieden zurück in den Halfter. Sie wollte gerade nach dem Rest des Körperpanzers greifen als erneut schrille Schreie von unten herauf gellten, Schreie der Todesangst! Keine Zeit! Sie schleuderte die Teile des Panzers beiseite und schnappe sich zwei Ersatzmagazine für die Pistole. Irgendwo zersplitterte Glas. Ein Kind schrie nach seiner Mutter und verstummte abrupt. Dieses verfluchte Mistvieh! Tränen des Zorns traten Elisabeth in die Augen. Mit einem wütenden Schrei warf sie die Kiste um. Gasmaske, Nachtsichtgerät, Mobiles Funkgerät, Ersatzmagazine, Feldflasche und ein ganzes Waffenarsenal landeten auf dem Boden. Sie schnappte sich zwei Handgranaten und Hakte sie in ihren Gürtel. Ein weiterer langezogener Schmerzensschrei, diesmal von einem Mann ließ ihr die Nackenhaare zu Berge stehen. Mit vor Ungeduld zitternden Händen raffte Elisabeth an Munition zusammen was sie nur finden konnte und stopfte es in Gürtel und Taschen. Endlich fiel ihr Blick auf das was sie suchte. Sie fegte einen Neoprenanzug zur Seite, packte ihr M416 B Sturmgewehr und eines der Doppelmagazine und rammte es in die Waffe. Die Schreie des Mannes waren immer noch zu hören, er starb nicht schnell, aber er starb. Sie hatte solche Schreie schon viel zu oft gehört. Aber jetzt war nicht der Augenblick um Schwäche zu zeigen. Welchem Genlabor auch immer dieses Ding entsprungen war, durch Wände konnte es nicht gehen, also war es kein Geist. Es hatte gefressen, folglich hatte es ein Stoffwechselsystem. Was einen Stoffwechsel hatte lebte und was lebte ließ sich töten. Mit einem Klicken entsicherte Elisabeth das Gewehr. Ihr Herzschlag war schnell, aber gleichmäßig. Ihre Hände hatten aufgehört zu Zittern und der Schweiß war versiegt. Alles was zurückgeblieben war, war ein leichtes Kribbeln in den Fingerspitzen, pure Konzentration und ein kalter, aber bohrender Zorn in ihrem Herzen. Langsam näherte sie sich ihrer Zimmertür. Der Mann im Stockwerk unter ihr schrie immer noch als plötzlich weitere panische Stimmen und Lärm aus einer anderen Ecke des Hauses ertönten. Diesmal überkam Elisabeth keine Panik, nur die Flamme in ihrer Brust loderte stärker auf. Entweder war dieses Ding verdammt schnell, oder es war mehr als nur eines. Unwichtig. Elisabeths Augen glitzerten kalt und tödlich. Dieses Etwas hielt sich also für einen Jäger, wie? Sie würde ihm zeigen was ein ECHTER Jäger war. Elisabeth packte das Sturmgewehr fester und trat auf den Gang.

Sereg 8. November 2007 15:47

Zur selben Zeit als Elisabeth sich ihren Weg durch die verwüsteten Straßen Londons Richtung Fermoy Inn suchte, Fassungslos ob der allgegenwärtigen Zerstörung , wurde ein dunkler Raum, viele Meter unter den Straßen Londons, Zeuge einer Versammlung in deren Händen die Zukunft der Menschheit ruhte.
Die Lichter im Raum waren abgeschaltet, nur einige moderne Wandleuchten, deren Dimmung bis zum Minimum herunter gedreht war, warfen einen Hauch von kalt-blauem Neonlicht in die Schwärze. In ihrem Schein spiegelte sich die silberne Platte eines großen, runden Tisches. Um den Tisch verteilt saßen 16 schattenhafte Gestalten, groß und klobig, kantige Konturen die sich in der fast völligen Dunkelheit nur schwer ausmachen ließen. Ab und an spiegelte sich ein verirrter Lichtstrahl auf glattem Metall. Am seltsamsten waren jedoch die blauen und türkisgrünen Lichter die, schimmernden Bändern gleich, mit immer wiederkehrender Regelmäßigkeit über die Körper der Anwesenden huschten und für wenige Sekunden seltsame geometrische Muster in der Dunkelheit aufglühen ließen. Es herrschte völlige Stille. Die Anwesenden hatten ihre Stühle auf die westliche Wand des Raumes ausgerichtet und jeder versuchte so gut er konnte das große Rechteck trüben Lichts ins Sichtfeld zu fassen, dass von einem Projektor unter der Deck die Wand geworfen wurde.
Eine der Personen erhob sich von ihrem Stuhl und trat in das Licht des Projektors. Der kleine Mann war wohl Mitte Fünfzig,, hager und in einen dunklen Anzug nebst Krawatte gekleidet. Verglichen mit den übrigen Anwesenden war seine Silhouette geradezu zierlich. Er räusperte sich um auf sich aufmerksam zu machen, was angesichts der Grabesstille die im Raum herrschte ungewöhnlich laut klang. Dann erhob der die Stimme. “Ladys und Gentleman, die Lage ist ernst. Die Tore der Hölle wurden aufgestoßen.” Nach einer rhetorischen Pause um das Gewicht seiner Worte auf die Zuhörer einwirken zu lassen fuhr der Kleine Mann mit professionell, sachlichem Tonfall fort:
“Seit über einhundert Jahren wussten wir Templer das dieser Tag einmal kommen würde. Jetzt ist es soweit. Hier und heute haben sich die Tore der Unterwelt geöffnet. Unsere Welt steht einer Invasion gegenüber, einer Invasion wie sie sich kaum ein Mensch jemals vorzustellen wagte. Wir haben uns lange auf diesen Tag vorbereitet. Gründlich vorbereitet. Dennoch ist die Situation äußerst kritisch. Einige der jüngsten Vorfälle haben uns eines Großteils unseres Handlungsspielraums beraubt, und es sind weitere schreckliche Ereignisse eingetreten mit denen keiner von uns rechnen konnte. Doch sehen sie selbst.” Der ältere Herr trat beiseite und machte den Blick auf die Wand hinter sich frei. Ein Druck auf die kleine Fernbedienung in seiner Hand ließ das Bild eines Parks auf der weißen Fläche erscheinen. “Diese Bilder stammen von einer Überwachungskamera auf dem Parliament Hill, wie sie im Zuge des Kampfs gegen den Terrorismus überall in der Stadt angebracht wurden. Passen sie auf.” Ein Druck auf die Play Taste ließ den Film ablaufen.
Ein verregneter Park. Einige Passanten mit Schirmen. Eine Frau mit Kinderwagen. Auf einem Teich in der Mitte des Bildes Schwammen Enten. Plötzlich kam Bewegung in das Bild. Ein heftiger Wind kam auf. Blätter wirbelten umher, Äste wiegten sich, die Tiere begannen unruhig zu werden. Auch ohne Ton erkannte man, dass der Wind immer stärker wurde. Die Enten auf dem Teich breiteten die Flügel aus und ergriffen die Flucht. Die Bäume begannen heftig zu schwanken. Passanten mussten ihre Regenschirme mit aller Macht festhalten um zu verhindern, dass die zornigen Böen ihnen diese entrissen. Alte Zeitungen und weggeworfene Pappbecher fegten über den Boden und erhoben sich in die Luft. Zweige und Äste begannen zu brechen, die Bäume schwankten immer stärker. Die Passanten begannen zu laufen, einige ließen ihre Schirme los, und der Wind riss sie mit sich fort. Der Sturm aus Blättern. Ästen und Müll schien zielstrebig auf einen Punkt auf der Wiese in der Nähe des Teiches zuzustreben, wo sich der wirbelnde Unrat zu einem kleinen Tornado vereinte. Mittlerweile schien es so, als bliese der Wind mit der Stärke eines Sturms. Der Kleine Tornado schwoll an, wurde größer. Allerorten stürzten Fahrräder um, Mülltonnen wurden umgeworfen und die Bäume bogen sich ächzend unter dem zum Orkan angeschwollenen Sturm. Das Wasser des Teiches begann zu brodeln und die Wiese unter dem tosenden Tornado verfärbte sich schwarz. Der tanzende Sturm wirbelnden Treibguts verlor seine Form und ballte sich langsam zu einer Kugel zusammen die, frei in der Luft schwebend , vom tosenden Wind immer neue Nahrung erhielt. Der Teich schien mittlerweile zu kochen, der schwarze Fleck auf der Wiese wurde größer und größer und breitete sich in alle Richtungen aus. Dann schien sich die Kugel mit einem Mal zu verdichten, sie zog sich zusammen bis nur noch ein winziger Punkt in der Luft zu sehen war, der Orkan erstarb schlagartig. Für den Bruchteil einer Sekunde lag der Park unberührt und friedlich da wie zuvor, dann erfüllte ein greller Blitz den ganzen Bildschirm. Blätter wirbelten brennend durch das Bild, ein skelettierter Regenschirm streifte die Kamera, dann kam etwas großes durch die Luft geflogen. Eine verkohlte Parkbank segelte auf die Kamera zu, wurde größer, man sah noch deutlich die Glut auf den Sprossen, dann brach die Übertragung ab. Graues rauschen erfüllte das Bild.
Ein erneuter Druck auf die Fernbedienung ließ die beendete Aufnahme der Kamera verschwinden und eine Karte der Londoner Innenstadt erschien auf der Wand. Der Mann hob wieder zu sprechen an. “Heute um 14:27 nachmittags öffnete sich im Parliament Hill Park im Nordwesten von London ein Dimensionsportal in die Sphäre der Hölle.” Ein Roter Punkt erschien auf der Karte wo sich der Park befand, das Bild zoomte näher. “Die Öffnung erfolgte in einer über 200°C heißen Explosion aus purer Energie, die in einem Radius von bis zu 100 Metern annähernd alles verbrannte und keinerlei Leben zurückließ.” Um den Roten Punkt auf der Karte bildete sich ein schmaler orangeroter Ring. “Bis zu diesem Punkt entsprechen die Ereignisse ziemlich genau dem was wir erwartet haben.” ,die Stimme des Mannes klang weiterhin nüchtern und sachlich.
“Bei der Öffnung des Portals kam es aber zu weiteren Zwischenfällen, die keiner von uns vorausgesehen hat.”
Eine Reihe von Bildern tauchten auf der Wand auf während der kleine Mann weiter sprach.
Bilder von den Straßen Londons. Kollidierte Autos, in gelben Nebel gehüllte Straßen, zusammengekrümmte und ziellos umhertaumelnde Menschen. Tote.
“Diese Bilder stammen von verschiedenen Überwachungskameras im weiteren Umkreis des
Parliament Hill. Sie zeigen die derzeitige Situation auf den Straßen Londons. Der Grund für diese Verwüstung wurde uns folgendermaßen erklärt: Die Atmosphäre der Hölle unterscheidet sich von der unseren in vielerlei Hinsicht. Dichte, Druck, Luftzusammensetzung, Temperatur und einiges mehr. In kurzen Worten gesagt ist sie für Mensch und Tier giftig. Ihr längere Zeit, oder in konzentriertem Maße ausgesetzt zu sein bedeutet den sicheren Tod. “ Die erklärende Stimme des Mannes verstummte einen Moment als das Bild einer jungen Frau über die Wand huschte, die einen leblosen kleine Jungen in den Armen trug. Er räusperte sich und fuhr sichtlich betroffen fort.
“ Nun, äh, ja. Als sich also dieses Portal, ich werde es im weiteren das “Hellgate” nennen, öffnete, fand die unter hohem Druck stehende Atmosphäre der Hölle ein Ventil und strömte, oder besser gesagt schoss, in die unsere hinein. Bei diesen Vorgang baute sich in wenigen Millisekunden ein immenser Druck auf bevor die einströmenden Gasmassen den Widerstand unserer Atmosphäre überwanden. Dies hatte mehrere Auswirkungen.”
Die vergrößerte Karte von London erschien wieder auf der Wand, der rote Punkt auf dem Parliament Hill und sein schmaler orangefarbener Ring bildeten das Zentrum.
“Es kam zu einer Druckwelle, die sich vom Hellgate aus ca. 7 Kilometer weit ringförmig ausbreitete und etwa einem Windstoß der Stärke 8, also stürmischem Wind, entsprach.
Ein schwarzer Ring zog in großräumigem Abstand einen Kreis um den roten Punkt.
“Ein solcher Luftstoß hat normalerweise, von einigen gebrochenen Ästen und der einen oder anderen abgedeckten Dachschindel abgesehen, keine Schäden zur Folge, in diesem Fall kam er allerdings völlig unerwartet und er brachte ein weiteres Problem mit sich.”
Die Karte verschwand, ein Bild von einer in gelben Nebel gehüllten Straße auf der undeutlich einige menschliche Schemen zu erkenne waren tauchte auf der Wand auf.
“Die Druckwelle führte große Mengen der eben erwähnten, für uns giftigen, Partikel der höllischen Atmosphäre mit sich. Diese wurden auf den Straßen als gelber Nebel sichtbar, die Farbe ist übrigens auf den hohen Anteil an Schwefelstaub zurück zu führen. Obwohl diese Bestandteile für gewöhnlich nur tödlich wirken wenn man ihnen auf Dauer ausgesetzt ist, war die Wirkung in diesem Fall aufgrund ihrer außergewöhnlich hohen Konzentration und Dichte verheerend.”
Die Karte erschien wieder auf der wand und ein breiter Streifen rund um das Zentrum färbte sich gelb.
“ In 2,5 Kilometern Umkreis um das Hellgate dürfte praktisch jeder Mensch der sich im Freien aufhielt oder auch nur ein Fenster einen Spalt weit geöffnet hatte binnen kürzester Zeit erstickt, oder tödlich vergiftet worden sein.”
Zum ersten mal erklangen wispernde Stimmen zwischen den klobigen Schatten an dem Tisch. Der ältere Herr, der den Vortrag hielt, räusperte sich und sofort kehrte wieder Stille ein. Dann begann er fortzufahren.
“Diese Zone bildet nur den Kern der Zerstörung. Die giftige Wolke breitete sich noch weiter aus, wobei sie zunehmend an Kraft verlor. Bereits in diesen Gegenden…”
Der Rote Punkt eines Laserpointers zog einen Kreis dicht an der gelb markierten Zone entlang.
“… dürften jene die nur ein Fenster gekippt oder eine Belüftungsanlage eingeschaltet hatten recht gute Überlebenschancen gehabt haben. Auch wer auf offener Straße unterwegs war starb nicht sofort.”
Das von Schatten umlagerte Gesicht des Mannes erstarrte zu einer Maske von kaltem Stein.
“Die Menschen in diesen Gebieten starben langsam.”
Für einen Moment herrschte grimmige Stille. Ein weiterer Ring in grün, ungefähr doppelt so breit wie der Erste legte sich um den Mittelpunkt der Karte.
“Diese Zone zeigt das Gebiet indem sich die Wolke zu nach und nach in unserer Atmosphäre verlor. Mit wachsender Entfernung gab es auch auf den Straßen immer weniger Opfer. Bereits in den Randgebieten des markierten Areals dürfte die Wirkung nur noch auf alte Menschen und Kleinkinder tödlich gewesen sein, noch weiter entfernt waren die sichtbaren Komponenten der Wolke dann gänzlich aufgelöst und die Menschen hatten höchstens mit einem kurzen Hustenanfall zu kämpfen.”
Der Mann neben der Wandprojektion machte eine Pause. Getuschel erfüllte kurz den Raum, verstummte aber rasch. Als wieder Ruhe herrschte hob der ältere Herr erneut an zu sprechen.
“So schrecklich das klingen mag, aber die Menschen, die durch die Gaswolke starben sind nicht die einzigen Opfer. Aufgrund der Druckwelle und der vorübergehenden Sichtbehinderung durch die Wolke, kam es auf fast allen Straßen in einem Gebiet bis zu 5 Kilometer um das Hellgate zu zahllosen Auffahrunfällen und Karambolagen, mit einer Vielzahl von Verletzten und auch einigen Todesopfern.”
Ein Seufzer entrang sich seiner Brust. “Und als ob all dies noch nicht genug wäre haben wir noch mit einem weiteren Problem zu kämpfen. Beim Aufeinanderprall der heißen Atmosphäre der Hölle und unserer weitaus kälteren Luftmassen kam es zu einer statischen Aufladung, ähnlich der Vorgänge bei einem Gewitter. Dieser elektromagnetische Impuls breitete sich zusammen mit der Druckwelle aus, ließ einen Großteil der Mobilfunknetze zusammen brechen und störte auch einige reguläre Telefon, Internet und Fernsehverbindungen sowie die Stromnetze einiger Häuserblocks.”
Der hagere, kleine Sprecher verstummte. Aus den kantigen Schatten des Publikums erklang irgendwo ein resigniertes Stöhnen.
“London droht im Chaos zu versinken. Die Zahl der Opfer beträgt Hunderte, wenn nicht gar Tausende. Die Regierung hat den Katastrophenalarm ausgelöst und über den Großraum London den Ausnahmezustand verhängt. Polizei und Rettungskräfte sind Fieberhaft bemüht den betroffenen Menschen Hilfe zu leisten und Streitkräfte der British Army befinden sich auf dem Weg in die Stadt.”
Der ältere kleine Herr beendete sein Resumeé und es verstrichen mehrere Sekunden bevor er erneut zu sprechen begann.
“Das alles, Ladys und Gentlemen, sind jedoch nur die unvorhergesehenen Randerscheinungen die mit der Öffnung des Hellgates einhergehen. Die wahre Katastrophe, die sehr wohl den Untergang der gesamten Menschheit bedeuten könnte, steht uns noch bevor. Die Invasion der Dämonischen Horden aus den Tiefen der Hölle.”
Nach einem Moment der Stille fuhr der kleine Mann fort:
“Obwohl wir dieses Ereignis vorausgesehen , und uns nach besten Kräften darauf vorbereitet haben, trifft uns diese Invasion zu einem unglücklichen Zeitpunkt. Unsere Bemühungen innerhalb der British Army sind bei weitem nicht so fortgeschritten wie es in einer solchen Situation wünschenswert wäre und von den größeren Rettungsdiensten haben wir nur innerhalb des Roten Kreuzes einen gewissen Einfluss. Darüber hinaus dürfte ihnen allen zweifellos bekannt sein, dass Bruder O`Bannon vor kurzem unter dem Verdacht der Spionage von seinem Posten innerhalb des Londoner Polizeipräsidiums suspendiert wurde. Was den meisten von ihnen hingegen neu sein dürfte ist die Tatsache, dass auch Bruder Bartholomäus, der eine Führungsposition innerhalb der Londoner Feuerwehr innehatte, sein Amt nicht länger bekleidet, da er in der Nacht zum Sonntag auf rätselhafte Weise verschwand und uns bis dato nichts über seinen Verbleib bekannt ist.”
Ein sorgenvolles Raunen ging durch die Zuhörer. Diese Nachrichten waren wahrlich alles andere als beruhigend. Der kleine Mann fuhr unterdessen unbeirrt fort zu sprechen.
“Sie sehen also Ladys und Gentlemen, dass uns in vielen Bereichen denen in der derzeitigen Situation eine Schlüsselrolle zukommt unerwarteter Weise die Hände gebunden sind. Die Londoner Polizei und Feuerwehr entziehen sich gänzlich unserer Kontrolle und auch auf die Rettungsdienste haben wir nur begrenzten Einfluss. Die Lage ist mehr als nur ernst, doch es gibt auch gute Nachrichten.”
Das Raunen verstummte. Jedermann lauschte wieder auf die Worte des Sprechers.
“Dank der Hilfe von Lady Natasha und der Cabbale wissen wir über den derzeitigen Zustand des Hellgates und den Stand der Invasion recht genau bescheid. ”
Im Saal ertönte ärgerliches Murren, doch der hagere Mann schien es nicht gehört zu haben. Seine nächsten Worte jedoch ließen erahnen, dass er mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte..
“So zweifelhaft die Aktivitäten und Absichten der Cabbale auch sein mögen, und so sehr einige von uns ihr Tun auch missbilligen, sie sind Menschen, und auch sie haben bei einer Invasion der Dämonen nichts zu gewinnen. Im Moment sitzen wir alle im selben Boot.”
Das missmutige Grummeln war immer noch nicht verstummt, doch der Sprecher ließ sich davon nicht in seinem Redefluss aufhalten.
“Es wird sie vielleicht verwundern dies zu hören, doch bereits weniger als Fünf Minuten nach der Öffnung des Hellgates erreichte unseren Senneschall ein Anruf von Lady Natasha persönlich, in welchem sie ein Bündnis vorschlug. Sie bot uns die besonderen Fähigkeiten ihrer Leute bei der Analyse und Bekämpfung der Invasion so wie bei der Evakuierung der Bürger Londons an. Im Gegenzug verlangte sie nichts weiter als einen sicheren Platz für ihre Leute in unseren Schutzeinrichtungen und die Teilnahme an zukünftigen Sitzungen des Ordenskomitees die die Allgemeinheit betreffen. Bis auf weiteres wären alle Angehörige der Cabbale, einschließlich ihrer selbst, den Marschallen und Offizieren des Ordens unterstellt und hätten deren Anweisungen nach militärischem Befehlsprinzip Folge zu leisten. Unser Senneschall nahm dieses Angebot freudig an.”
Das aufgeregte Murmeln, dass sich langsam wieder zu beruhigen begonnen hatte schwoll erneut an, diesmal jedoch gebot der Sprecher seinem Publikum mit einer unwirschen Geste Einhalt. Sofort verstummten alle Gespräche.
“Es ist völlig Bedeutungslos was sie persönlich von diesem Bündnis halten. Tatsache ist, dass sich die Cabbalisten bereits während der vergangenen Dreiviertelstunde als unschätzbar wertvolle Verbündete erwiesen. Dank ihrer Hilfe wissen wir sehr viel besser über das Hellgate und die Anatomie der bevorstehenden Invasion bescheid als wir es uns jemals zu erträumen gehofft hatten.”
Der hagere kleine Mann verschränkte die Arme hinter dem Rücken und trat in den Lichtstrahl des Projektors. Sein Gesicht war zerfurcht, das Haar Gelichtet und er trug einen, bereits deutlich ergrauten, Bart an Oberlippe und Kinn.
“Das Hellgate befindet sich derzeit in einem Konsolidierungszustand der eine Passage für größere Truppenverbände unmöglich macht. Mit anderen Worten es muss sich erst vollständig aufbauen bevor eine groß angelegte Invasion beginnen kann. Bis dato sind die feindlichen Aktivitäten in London daher nur begrenzt. Die Dämonen die bisher das Tor durchquerten sind nicht besonders zahlreich, und es handelt sich bei ihnen um niedere Kreaturen deren Art uns von früheren Begegnungen größtenteils bekannt ist. Eine Vorhut könnte man sagen, deren Aufgabe wohl lediglich darin bestehet möglichst viel Verwirrung und Panik zu stiften. Die Hauptstreitmacht des Feindes sammelt sich in dieser Stunde auf der anderen Seite des Tores.”
Der kleine Sprecher machte eine kurze Pause und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
“ In frühestens 45 spätestens aber 90 Minuten wird das Tor die nötige Stabilität erreicht haben um die Invasion beginnen zu lassen. Bis dahin müssen unsere Bemühungen soweit als nur möglich abgeschlossen sein. Wir haben mit einem Angriff zu rechnen, der in seiner Brutalität und Stärke alles bisher bekannte übertreffen wird, es gilt also keine Zeit zu verlieren.”
Der Mann verschränkte wieder die Arme hinter dem Rücken.
“Was also ist jetzt zu tun? Nun, unsere Möglichkeiten sind begrenzt, aber wir sind nicht völlig unvorbereitet. Die 139te Infanteriebrigade unter Oberst Mac Cormick ist auf dem Weg nach London um bei der Eindämmung des derzeitigen Chaos zu helfen. In London angekommen wird der Oberst seiner Position enthoben und Bruder Markus Tiberius übernimmt das Kommando. Ebenso hat sich das 212te Luftlanderegiment unter Schwester Alice Demarque ohne entsprechenden Befehl auf den Weg nach London begeben. Hier eingetroffen werden Die Truppen eine Verteidigungslinie zwischen Wembley und Illford bilden. Ob diese Aktion rechtzeitig gelingt bleibt fraglich, aber wir müssen es versuchen. Sie und ihre Einheiten, Ladys und Gentlemen, werden nach dem Ende dieser Besprechung sofort damit beginnen so viele Menschen wie möglich in dem von uns präparierten U-Bahnsystem in Sicherheit zu bringen. Schnappen sie sich jeden den sie auf der Straße finden können und schleppen sie sie in die Stationen. Frauen und Kinder zuerst. Zu ihrer Unterstützung wurde jeder Kompanie ein Mitglied der Cabbale zugeteilt, dass sie mit seinen Fähigkeiten unterstützen wird. Jegliche selbstständige aufnahme von Kampfhandlungen mit dem Feind ist ihnen untersagt. Sollte ein Gebiet verloren sein, rücken sie weiter zum nächsten vor. Verschwenden sie keine Zeit damit die Leute zu überreden oder Häuser zu durchsuchen. Es ist uns leider unmögliche alle Menschen zu retten. Schicken sie sie zu den Stationen, eskortieren sie größere Gruppen und vor allem beeilen sie sich. Ist kein Platz mehr in den Stationen oder sind ihre Einsatzgebiete an den Feind gefallen begeben sie sich zur Westminster Church und warten dort weitere Befehle ab. Sollten sie keine erhalten bringen sie sich sobald es die Lage erfordert in Sicherheit. Ich selbst werde all meinen Einfluss in der Londoner Stadtverwaltung geltend machen um Rettungskräfte und Medizinisches Personal in den Stationen zu versammeln. Noch Fragen?”
Der alte Herr beendete seinen Vortrag und musterte die stummen Schattenkolosse entlang der Tafel.
“Sir, sollten wir nicht die Regierung informieren und zur Zusammenarbeit bewegen?” meldete sich eine Stimme.
“Das habe ich bereits veranlasst. Der Earl of Gibbons und Lady Natasha persönlich sollten in diesem Moment mit dem Premierminister sprechen.” Schweigen. Dann eine weitere Stimme.
“Wie viele Dämonen sind denn bereits in der Stadt, und wie viele werden noch kommen?”
“Das wissen wir nicht.”
“Hat sich nur in London ein Hellgate geöffnet oder auch anderswo?”
“Wir wissen es nicht.”
“Was hat es mit der Wolke am Himmel auf sich?”
“Wir wissen es nicht.”
“Haben wir überhaupt so etwas wie eine Chance?”
Der hagere, kleine Mann sprach langsam. Seine Stimme klang ernst und äußerst besorgt, als er zögerlich antwortete:
“Auch das… wissen wir nicht.”

Skream02 9. November 2007 21:43

Wooooaa
 
Ihr schreibt ja viel.

Conker 9. November 2007 22:40

krass :D hermann hesse ist wieder auferwacht (so heißt der kerl doch)

dee_Anders 10. November 2007 20:24

Ich bin begeistert! :ja:

Hab deine Geschichte gerade angefangen und musste sie sofort durchlesen.
Ist dir wirklich gut gelungen. Obwohl du an manchen Stellen zu sehr ins Detail gegangen bist, aber das ist meine persönliche Meinung.

Hoffe, man kann bad mal wieder was von dir lesen.
;)

KMDave 29. May 2008 13:54

Eine sehr sehr gut geschriebene und spannende Geschichte.

Ich hoffe nur, dass du an einer Fortsetzung arbeitest, es ist wirklich sehr schoen zu lesen und es waere klasse zu wissen, wie es nun weitergeht :)


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